Die Evangelische Kirche im Rheinland will mit einem Sparkurs und grundlegenden Veränderungen auf ihre wachsenden Finanzprobleme reagieren. Angesichts eines riesigen Defizits müsse umgesteuert werden, „so können wir nicht weitermachen“, mahnte Finanzchef Henning Boecker am Dienstag vor der in Bonn tagenden Synode der zweitgrößten deutschen Landeskirche mit 2,1 Millionen Mitgliedern. Bis 2030 sollen die Ausgaben auf der landeskirchlichen Ebene um mindestens 33 Millionen Euro – mehr als ein Fünftel – reduziert werden. Alle Bereiche kämen auf den Prüfstand: „Wir gucken uns alles an.“Zwar wuchs das Netto-Kirchensteueraufkommen 2024 im Vergleich zum Vorjahr wider Erwarten um 5,3 Prozent auf 745 Millionen Euro, dies lag aber fast nur an Sonderfaktoren wie der Abgeltungssteuer auf Kapitalerträge und Rückzahlungen aus Verrechnungen zwischen den 20 Landeskirchen in Deutschland. Für dieses Jahr wird lediglich mit 714 Millionen Euro kalkuliert, ein Prozent über dem Volumen von 2023.Während die Ausgaben seit vielen Jahren steigen – zuletzt vor allem durch die Inflation und hohe Tarifabschlüsse -, werden die Einnahmen aus der Kirchensteuer immer weniger. Inzwischen sei der Kipppunkt erreicht, erläuterte Boecker: Einnahmen würden nominal bestenfalls stagnieren und real sinken. Ein Grund ist der Mitgliederrückgang, der 2023 bei 3,3 Prozent und 2024 bei 3,2 Prozent lag. In diesem Jahr müssen acht Millionen Euro aus Rücklagen entnommen werden, um den landeskirchlichen Etat auszugleichen, 2026 sind es bereits 18 Millionen Euro.Bis Freitag will die Synode die Einsparungen von 33 Millionen Euro grundsätzlich auf den Weg bringen. Wo genau gekürzt wird, soll aber erst in einem Jahr entschieden werden. Zu den Plänen gehört eine Umwandlung der Kirchlichen Hochschule Wuppertal (KiHo) in einen Bildungscampus, dies könnte die bisherigen Kosten von jährlich 2,8 Millionen Euro halbieren.Nach den Worten von Präses Thorsten Latzel gibt in der rheinischen Kirche eine hohe Veränderungsbereitschaft, auch im Blick auf kritische Stellschrauben. Finanzen seien ein Hebel, um Kirche umzugestalten und Ressourcen möglichst effizient einzusetzen, sagte der leitende Theologe.Zu schaffen machen der Landeskirche aber auch die steigenden Versorgungslasten für die pensionierten Pfarrer und Kirchenbeamten. Seit 2020 gibt es mehr Ruheständler als Aktive im System, Tendenz steigend. Die Kosten für die Beamtenversorgung, vor allem die Beihilfekosten zur Gesundheitsversorgung, wachsen enorm. Stand jetzt sind Versorgungslasten von 1,3 Milliarden Euro nicht mit Kapital gedeckt.Um bis 2030 einen Deckungsgrad von 70 Prozent zu erreichen, soll eine entsprechende Umlage von bislang 18 auf 23 Prozent der Kirchensteuer erhöht werden. Fast jeder vierte Kirchensteuer-Euro fließt dann ab 2026 in die Versorgung der Pensionäre.Mit jeder neu verbeamteten Pfarrperson geht die Kirche Rechtsverpflichtungen für rund 60 Jahre ein. Weil man diese Verpflichtungen künftigen Generationen nicht mehr aufbürden will und Angestelltenverhältnisse auf Dauer rund eine Million Euro günstiger sind, sieht eine Vorlage für die Synode vor, aus dem System der Verbeamtung auszusteigen. Es gelte, Gestaltungsspielräume für die Zukunft zu erhalten, sagte Latzel.Der Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Saar-West, Christian Weyer, warb in der Synode für die Systemumstellung, die sich allerdings erst langfristig auswirkt. „Wir haben viel verschlafen“, sagte er. Diese Maßnahme dürfe nicht noch einmal verschleppt werden.The post Sparkurs und Umgestaltung: Rheinische Kirche geht Finanzprobleme an appeared first on Evangelische Zeitung.