Schweizer Militärexperte: Diese Optionen hat der Iran jetzt

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Nach den US-Luftangriffen auf die iranischen Atomenergieanlagen interviewt Glenn Diesen den Schweizer Militärexperten Jacques Baud. In seiner Sendung fragt der norwegische Politologe den Experten am Sonntag, welche Handlungsoptionen Iran mit Rücksicht auf das internationale Beziehungsgeflecht nach dem Angriff der USA zur Verfügung stehen würden.Unmittelbar nach dem US-Luftangriff auf Iran habe Trump gesagt: "Nun ist es Zeit für Frieden", erinnerte Baud zunächst an die Aussage des US-Präsidenten. Gleichzeitig habe Trump Iran damit gedroht, vonseiten der USA noch härter zu attackieren, sollte der Iran sich für den Angriff revanchieren.In dieser Situation sei jegliche Reaktion Irans mit Risiken verbunden. Im Falle eines iranischen Gegenschlags drohe eine Eskalation des Krieges mit den USA. Aber zugleich könnte es für Iran noch gefährlicher sein, nicht zurückzuschlagen. Mit einer Nichtreaktion würde man den USA signalisieren, sie könnten machen, was sie wollten.Welche Optionen hat Iran in dieser Situation?Um das zu bewerten, müsse man die internationale Gesamtkonstellation betrachten, so Baud. Ein wichtiger Aspekt sei dabei, dass in Israel bereits nach wenigen Tagen die Luftraketen knapp würden. Die von Israel verwendeten Arrow-Missiles würden vom US-amerikanischen Konzern Boeing gebaut. Dieser wiederum benötige dafür seltene Erden aus China.Aktuell habe China den Export dieses strategisch wichtigen Bodenschatzes an Aerospace und andere militärisch-industrielle Unternehmen verboten. Der Experte erläutert die Abhängigkeit der US-Rüstungsindustrie: "Das bedeutet, dass wir uns definitiv in einer Situation befinden, in der die USA nicht in der Lage sind, die notwendigen Waffen für Israel zu produzieren."Berücksichtigung des Beziehungsgeflechts mit arabischen NachbarstaatenSo kurz nach dem US-Angriff (das Interview fand am Sonntagabend statt) wisse man noch nicht, wie andere Mächte darauf reagieren würden. Allerdings seien die internationalen Reaktionen entscheidend für das weitere Vorgehen Irans. Außer Zweifel sei, so der Schweizer, dass es eine Reaktion aus Teheran geben werde. Doch Iran werde vermeiden, sich bei einer Revanche neue Feinde zu schaffen. Schließlich sei das Land erst kürzlich wieder in die Konferenz der islamischen Staaten aufgenommen worden. Seine diplomatischen Beziehungen zu den arabischen Nachbarländern seien insgesamt noch sehr fragil.  Obendrein würden die Angriffe auf Iran zum Teil vom US-Stützpunkt in Katar und anderen US-Basen in der Region geführt. Sollte die iranische Regierung sich dafür entscheiden, auf diese US-Basen zurückzuschlagen, schaffe das Land sich unter seinen gerade erst neu gewonnenen Freunden direkt wieder Feinde. Unter diesen Umständen müsse Iran bei all seinen Reaktionen viele Aspekte berücksichtigen.Zugleich werde die iranische Regierung auch die Reaktionen aus China und Russland in ihre Entscheidung einbeziehen. Baud betonte, er wolle damit nicht mutmaßen, dass China und Russland eine aktive militärische Rolle in der iranischen Antwort spielen würden. Aber Iran werde die Haltung der beiden Großmächte ins Kalkül ziehen.Handlungsoptionen in Bezug auf eine verletzliche US-WirtschaftBaud zufolge sei grundsätzlich der beste Weg zur Lösung des Problems, die USA wirtschaftlich in den Kollaps zu treiben. Dafür müssten ganz einfach nur alle von China gehaltenen US-Schulden entsorgt werden: "Wenn man all diese Schulden entsorgt, wird man sehen, wie die USA innerhalb von Tagen wirtschaftlich kollabieren."Weil die Folgen so eines Zusammenbruchs der US-Wirtschaft aber auch auf China zurückfallen würden, erwarte er von der chinesischen Regierung aktuell keinen solchen Schritt. Mit diesem Beispiel wolle er nur deutlich machen, dass die USA keineswegs unverletzlich seien, sondern sogar große Schwächen hätten. Die US-Wirtschaft sei komplett von China abhängig und auch von Ländern des Mittleren Ostens. Infolgedessen könne man dazu viele Karten ins Spiel bringen.Bringen die Anschläge die US-Herrschaft über arabische Staaten in Wanken?Die Reaktionen der einzelnen arabischen Staaten spielten nicht nur bei der iranischen Entscheidung eine bedeutende Rolle. Die arabischen Staaten würden sehr wohl realisieren, dass sie im Falle von Nichtreaktionen ihre eigenen Schwächen offenbaren würden. Bislang hatten die USA mittels Militärgewalt die Hegemonie über die Araber im Mittleren Osten inne. Baud erläuterte die US-Hegemonie in der Region: "Es handelt sich um eine mafiaartige Hegemonie – wenn Du nicht machst, was ich will, dann schlage ich zu."Die USA würden internationale Beziehungen vollkommen fehl-interpretieren. Bei ihnen gebe es keine Verhandlungen auf Augenhöhe. Verhandlungen betrachte man in den USA lediglich als Möglichkeit, anderen den eigenen Willen aufzuoktroyieren und Gehorsam abzufordern.Wie belehrt man die USA, dass sie nicht die Herrscher der Welt sind?Es sei dringend notwendig, den USA endlich klarzumachen, dass internationale Beziehungen so nicht funktionieren. Wenn es rein nach ihm ginge und er zu entscheiden hätte, dann würde Jacques Baud radikal vorgehen: "Ich würde den USA mal einen tödlichen Schlag versetzen. Damit die USA mal verstehen, internationale Beziehungen sind kein Witz. Es gelten da nicht die Gesetze von Mr. Trump!"Die Zerstörung des Pentagon wäre eine angemessene Antwort, um den USA klarzumachen "Hört damit auf". Mit Israel würde er genauso verfahren. Es ginge dabei nicht darum, die Bevölkerung zu treffen, sondern jeweils die wichtigsten Entscheidungseinrichtungen dieser Länder.Ihm sei andererseits klar, dass weder Iran noch andere Länder so einen undiplomatischen Schritt unternehmen würden, denn schließlich seien die Folgen unabsehbar. Mit seinen radikalen Vorschlägen wolle er im Grunde nur verdeutlichen, dass man Strategien bräuchte, um Israel und die USA auf ihren angemessenen Platz zu verweisen: "Sie müssen verstehen, dass sie nicht die Herrscher der Welt sind."Mehr zum Thema - Marandi und Escobar: USA haben sich mit ihrem Angriff größeren Schaden zugefügt als Iran