Der Moskauer Autosalon Berg Auto Premium versteht sich als exklusive Adresse für anspruchsvolle Kunden, die keine Kompromisse eingehen wollen. In den Verkaufsräumen stehen eine goldene Mercedes-G-Klasse, ein BMW X7 in tiefem Schwarz und ein Porsche Cayenne mit 460 PS. Fahrzeuge, die nach den Sanktionen der Europäischen Union gegen Russland dort eigentlich nicht mehr angeboten werden dürften. Printscreen Berg Premium RuDoch das Geschäft mit hochpreisigen Karossen floriert unvermindert weiter. So eröffnete Berg Auto Premium im Jahr 2023 einen neuen Showroom. Der Gründer berichtet stolz, dass seine erste Luxuskarosse just nach Inkrafttreten der Sanktionen den Besitzer wechselte – und seither die Nachfrage unaufhaltsam gestiegen sei.Ein lukratives SchlupflochSeit dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine ist der Export von Luxusgütern mit einem Wert von über 50.000 Euro aus der EU nach Russland verboten. Doch die russische Oberschicht hat Mittel und Wege gefunden, diese Beschränkungen zu umgehen."Jeder Oligarch in Moskau bekommt seine G-Klasse", konstatiert Robin Brooks von der Brookings Institution.Die Fahrzeuge werden nicht direkt nach Russland geliefert, sondern nehmen Umwege über Drittstaaten wie Weißrussland. Sobald eine Handelsroute auffliegt, wird eine neue erschlossen.Vor allem Luxusautos finden durch raffinierte Umgehungskonstruktionen weiterhin ihren Weg nach Russland. Kirgistan hat sich dabei als ein besonders effizientes Drehkreuz für den Import europäischer Premiumfahrzeuge nach Moskau etabliert. Das zentralasiatische Land, das keine direkte Grenze zu Russland besitzt, dient als formaler Empfänger der Wagen, während die Fahrzeuge oftmals nie wirklich kirgisischen Boden berühren. Auch aus Österreich werden vermehrt Fahrzeuge auf diesem Umweg nach Russland geliefert, wie der Standard berichtet.Das "Wi-Fi-Prinzip"Recherchen des Standard und der investigativen Plattform Forbidden Stories legen nahe, dass viele der nach Kirgistan gelieferten Autos niemals das Land erreicht haben. Ein Insider aus der kirgisischen Zollverwaltung beschreibt das als "Wi-Fi-Prinzip": Während die Fahrzeuge physisch gar nicht in Kirgistan ankommen, werden die entsprechenden Zolldokumente vor Ort abgestempelt, bevor die Autos direkt nach Russland weitertransportiert werden.Die Exporte aus Deutschland nach Kirgistan haben sich seit 2021 zeitweise verhundertfacht. Auch aus Österreich wurden in den vergangenen Jahren vermehrt Fahrzeuge dorthin geliefert. Während im Jahr 2021 kein einziges Auto von Österreich nach Kirgistan exportiert wurde, belief sich das Volumen 2023 bereits auf 1,8 Millionen Euro.In russischen Zollunterlagen taucht zudem ein österreichisches Unternehmen aus Kufstein auf, dessen Firmengelände auf Google-Bildern mit Luxusfahrzeugen bestückt ist – darunter auch ein giftgrüner Porsche. Gemäß diesen Dokumenten soll mindestens eine Lieferung im Jahr 2023 über Kirgistan nach Russland gegangen sein. Das Unternehmen bestreitet jegliche Beteiligung. Warum es dennoch in den russischen Zolldaten erscheint, bleibt unklar. Die Automobilbranche zeigt sich öffentlich wenig alarmiert. Der Verband der österreichischen Kraftfahrbetriebe gibt an, von keinen Fällen aus dem eigenen Land zu wissen und verweist auf Medienberichte. Das österreichische Finanzministerium enthält sich einer Stellungnahme zu Einzelfällen.Den Sanktionen zum Trotz bleibt das Angebot an Luxusfahrzeugen in Moskau umfangreich. Solange sich profitable Umgehungswege finden lassen, wird sich daran wohl kaum etwas ändern.Mehr zum Thema ‒ Messerattacke in Herten: Zwei Menschen schwer verletzt – mutmaßlicher Täter festgenommen