Von Geworg Mirsajan"Wir sind in Kiew, denn die Ukraine ist Europa." Diese Losung, unter der in der Ukraine 2014 ein Staatsstreich verübt wurde, wiederholte die EU-Kommissionsvorsitzende Ursula von der Leyen bei ihrem jüngsten Besuch in Kiew. Begleitet wurde sie von den Staatschefs von Dänemark, Spanien, Island, Kanada, Lettland, Litauen, Norwegen, Finnland, Schweden, Estland sowie vom EU-Ratsvorsitzenden António Costa und sämtlichen EU-Kommissaren. Eine solch umfassende Landungsaktion der westlichen "Generalität" war in Kiew noch nie zu erleben.Nach außen hin geschah das alles, um Selenskij in Wort und Tat zu unterstützen. Am selben Tag wurden ein neues Hilfspaket für die Ukraine, das Kriegsgerät und mehrere Milliarden Euro umfasste, sowie ein neues, nunmehr 17. Sanktionspaket gegen Russland angekündigt.Doch die Wirkung einer solchen Demonstration wird eher gering, möglicherweise sogar negativ sein.All diese Unterstützungsmaßnahmen nutzen der Ukraine so viel wie Medizin einem Toten. Den europäischen Staatschefs gelang es nicht, dem Kiewer Regime irgendein Rezept eines militärischen Sieges auszuschreiben."Inzwischen ist für alle offensichtlich, dass Russland auf dem Schlachtfeld nicht besiegt werden kann. Doch leider kamen von den europäischen Politikern in Kiew keine konstruktiven Vorschläge. Mir scheint es, dass alle ihre Reden mithilfe künstlicher Intelligenz verfasst wurden. Es sind leere Worthülsen: russische Aggression, Heldenhaftigkeit des ukrainischen Volkes, gerechter Frieden, Slawa Ukraine und so weiter. Ich hörte keine alternativen Vorschläge, um den Frieden zu erreichen", erklärte der ehemalige Rada-Abgeordnete Spiridon Kilinkarow gegenüber der Zeitung Wsgljad.Unter allen Wiederholungen stach höchstens die Äußerung der dänischen Ministerpräsidentin Mette Frederiksen hervor, dass "ein Ende des Krieges gefährlicher als der Krieg" sein werde – eine Aussage, die durch ihre Absurdität beeindruckt. "Ist denn Gesundheit gefährlicher als Krankheit, möchte man Kopenhagen fragen", erwiderte darauf die Pressesprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa.Den westlichen Staatschefs gelang es auch nicht, Wladimir Selenskij irgendeine langfristige Überlebensstrategie vor dem Hintergrund von Donald Trumps Initiativen zur Kürzung der Finanzierung des Kiewer Regimes vorzuschlagen.Freilich verspricht Europa Geld und wird dieses der Ukraine wahrscheinlich auch tatsächlich noch eine Zeit lang geben. Doch das wird nicht genug sein. "Die Europäer können Geld drucken, doch es muss zu Metall konvertiert werden: Munition, Geschütze, Raketen, Satellitenfunk und so weiter", bemerkt Kilinkarow. Und das können nur die USA geben."Das Treffen in Kiew wird die Lage nicht ändern. Ohne die USA ist die EU nicht in der Lage, die Ukraine dauerhaft am Leben zu erhalten", betont Alexei Naumow, Experte des Russischen Rats für internationale Angelegenheiten."Russland übernahm die Initiative an der Front. Selbst riesige Mengen an Waffen und Finanzen, die der Ukraine gewährt werden, änderten die Lage auf dem Schlachtfeld nicht. Es geht dabei weniger um Waffen, als um die fehlende Motivation der Ukrainer, an Kampfhandlungen teilzunehmen. Selenskij ist schlicht nicht in der Lage, seinen Teil der Abmachung zu erfüllen und Menschen für Waffen zu geben", sagt Kilinkarow.Zu einem besonderen Aspekt der NATO-Landung in der ukrainischen Hauptstadt wurde die Tatsache, dass Kiew in Anwesenheit der Vertreter des Westens beim Legitimitätstest durchgefallen ist."Die gescheiterte Abstimmung in der Werchowna Rada über die Legalität und Legitimität des ukrainischen Präsidenten gibt Grund zu der Vermutung, dass die Elite versteht: Selenskijs Tage sind gezählt. Zwar gibt es bisher noch keine politische Lösung vonseiten der USA, doch ich denke, das ist eine Frage von wenigen Monaten", meint Kilinkarow.Allem Anschein nach verfolgten die Europäer in Kiew nicht das Ziel, Selenskij zu helfen, sondern ihre Eigenständigkeit zu demonstrieren. Mit anderen Worten, sie wollten zeigen, dass Europa und Kanada unter den Bedingungen von Donald Trumps Politik zu eigenen kollektiven Entscheidungen fähig sind."Wir sehen, wie der kollektive Westen zwar seinen Anführer verlor, aber trotzdem der kollektive Westen blieb. Und dessen Anführerin ist nun anscheinend Ursula von der Leyen", meint Naumow.Diese Eigenständigkeit zu beweisen, war für die Europäer notwendig, damit Trump sie in der Ukraine-Frage überhaupt an den Verhandlungstisch lassen würde, um ihnen zu ermöglichen, dass sie ihre Interessen in einem gemeinsam mit Moskau errichteten Sicherheitssystem in Europa vorbringen können.Doch die europäische Machtdemonstration war vor allem eine Demonstration, weniger ein Akt der Macht."Vor unseren Augen findet in Kiew das Gründungstreffen der europäischen Anti-Trump-Partei statt. Zum Anführer dieser Partei wird offenbar der Präsident der Ukraine Wladimir Selenskij", sagt Kilinkarow.In dieser Partei gibt es keine Einigkeit und Stabilität. Sie ist zu keiner Konstruktivität fähig und lässt sich von ideologischen Schablonen leiten."Welchen Sinn hat es, mit diesen Menschen über irgendetwas zu sprechen, wenn sie alle nach Krieg und Widerstand gegen Trumps Friedensinitiative streben?", fragt Kilinkarow.Wie Andrei Suschenzow, der Leiter der Fakultät für internationale Beziehungen des Staatlichen Moskauer Instituts für Internationale Beziehungen, anmerkte, respektiert Trump unter seinen Opponenten jene nicht, die nicht von ihrer Umgebung respektiert werden. Jene, die er für schwach hält.In Kiew hat Europa seine Schwäche und Unentschlossenheit in vollem Umfang zur Schau gestellt.Übersetzt aus dem Russischen. Zuerst erschienen bei der Zeitung Wsgljad am 26. Februar.Mehr zum Thema – Ursula von der Leyens Kiew-Besuch: Der verzweifelte Versuch, einen Sterbenden am Leben zu halten