Der evangelische Aschaffenburger Dekan Rudi Rupp wünscht sich zwei Wochen nach der tödlichen Messerattacke weiter ein gutes Miteinander in der Stadt. „Wir sind Teil des Rhein-Main-Gebiets, wir haben global orientierte Unternehmen, die Lebenswirklichkeit der Menschen ist international“, sagte Rupp am Donnerstag dem Evangelischen Pressedienst (epd). Bei allen vorhandenen Problemen in Deutschland sowie weltweit dürfe man sich vor Ort nicht auseinanderdividieren lassen: „Ich wünsche mir sehr, dass das bisher in Aschaffenburg gelebte Miteinander der verschiedenen Kulturen und Religionen gut weitergeht.“Rupp beklagte, dass den Menschen in und um Aschaffenburg von der Politik und auch den Medien „zu wenig Zeit zum Trauern“ gegeben wurde: „Nach Aschaffenburg“ sei schon wenige Tage nach der schrecklichen Tat eines psychisch Kranken „zu einer formelhaft-stereotypen Wendung“ in der politischen Debatte geworden. „Ich habe ganz klar das Gefühl, dass hier die Tat und Aschaffenburg instrumentalisiert wurden und werden – zum einen natürlich vom rechtsextremen Rand, aber leider auch von Parteien der Mitte“, sagte Rupp. Gegen diese Vereinnahmung habe sich die Stadtgesellschaft von Anfang an verwahrt, bedauerlicherweise erfolglos.Die Menschen in und um Aschaffenburg würden – anders als in der bundesweiten Debatte – nicht zuallererst die Schuldfrage stellen, warum der Tatverdächtige trotz verschiedener Straftaten und Zwischenfälle noch auf freiem Fuß gewesen sei. Es stehe nach wie vor die Trauer und Fassungslosigkeit im Vordergrund. Zehn Tage lang seien die Kirchen mit ihren Notfall-Seelsorge-Teams am Tatort im Schöntal-Park vor Ort sehr gefragt gewesen. Auch im ökumenischen Kirchenladen in der Innenstadt und bei der Telefonseelsorge sei die Zahl der Ratsuchenden gestiegen: „Das sind jetzt keine Massen, aber die Steigerung ist signifikant“, sagte Rupp.Der evangelische Dekan bat darum, die schreckliche Tat nicht weiter für politische Zwecke zu missbrauchen. „Die Menschen in der Stadt und der ganzen Region – und auch ich – zucken nach wie vor zusammen, wenn wir den Namen ‘Aschaffenburg’ wieder einmal im Fernsehen oder im Radio hören“, erläuterte Rupp. Das Leid der Betroffenen und Angehörigen stehe dabei leider nie im Mittelpunkt: „Letztlich sind die angeblichen Motive so einer Tat doch völlig egal – am Ende muss es uns allen darum gehen, dass die Täter nicht das bekommen, was sie mit ihrer Tat beabsichtigt haben. Nämlich, dass sich unser Leben dadurch nachhaltig verändert.“Am 22. Januar hatte ein Mann in Aschaffenburg einen zweijährigen Jungen und einen 41-jährigen Mann getötet sowie drei weitere Personen teils schwer verletzt. Tatverdächtig ist ein vermutlich psychisch kranker, ausreisepflichtiger 28-jähriger Afghane, der inzwischen in einer Psychiatrie untergebracht wurde. Wenige Stunden nach der Tat wurde eine heftige Debatte über Migrationspolitik voller gegenseitiger Schuldzuweisungen losgetreten. (0404/06.02.2025)The post Aschaffenburger Dekan zur Messertat: Hatten zu wenig Zeit zum Trauern appeared first on Evangelische Zeitung.