Im Bistum Rom geben sich derzeit die Weihbischöfe die Klinke in die Hand. Innerhalb eines Jahres verließen fünf von ihnen Italiens Hauptstadt. Auch die Führung ist neu. Was hat der Papst mit seinem Bistum vor?4. Januar 2025: Kardinal Baldassare Reina hat Bischof Renato Tarantelli Baccari hinzugefügt. 28. Januar 2025: Bischof Paolo Ricciardi hat die Gruppe verlassen. So könnte es sich aktuell in der Chatgruppe zutragen, in der sich der Kardinalvikar des Bistums Rom mit seinen Weihbischöfen austauschen soll. Die beiden Personalien sind die neuesten Zu- und Abgänge in der Führungsriege des Bistums, dem der Papst selbst als Bischof vorsteht.Innerhalb eines Jahres verließen nicht nur fünf Weihbischöfe Italiens Hauptstadtdiözese. Auch den Kardinalvikar als seinen direkten Vertreter tauschte der Papst als Bischof von Rom aus. Das gibt Anlass zu Spekulationen über den Zustand des Papst-Bistums – im konservativen Klerus ist von Intrigen und Machtspielen die Rede.Dem Personalkarussell vorausgegangen war eine umfangreiche Umstrukturierung. Anfang 2023 hatte Franziskus mit der Konstitution “In ecclesiarum communione” die Leitungsstruktur seiner Diözese neu geordnet und die Führung enger an seine eigene Person gebunden. Ein “Rat der Bischöfe” berät und entscheidet grundsätzliche Fragen gemeinsam. Zugleich muss die Bistumsleitung regelmäßig dem Papst berichten und ihm anstehende Entscheidungen vorlegen.Dafür muss das Team stimmen: So versetzte Franziskus Reinas Vorgänger als Kardinalvikar, Angelo De Donatis, in den Vatikan. Dort ist dieser unter anderem für Fragen der Sündenvergebung in der Beichte zuständig. Der Süditaliener galt weder als hinreichend durchgreifende Führungsperson noch als besonders reformfreudig. Zudem werden ihm in römischen Kreisen einige Verwaltungsfehler nachgesagt.Darüber hinaus machte De Donatis im Umgang mit dem Fall “Marko Rupnik” keine gute Figur. Der slowenische Priester und Künstler soll mehrere Ordensfrauen einer von ihm geistlich betreuten Schwesterngemeinschaft sexuell ausgenutzt haben. Weitere Übergriffe soll es in dem von Rupnik gegründeten “Centro Aletti” gegeben haben. Die Mosaikwerkstatt, die auch ein religiöses Zentrum ist, befindet sich in Rom und war Gegenstand von Untersuchungen seitens der Diözese.Dieser Fall soll bei zwei weiteren Versetzungen von Klerikern ebenfalls eine Rolle gespielt haben. Daniele Libanori betreute als Weihbischof bis April 2024 das römische Zentrum. Darüber hinaus war der Jesuit seit 2020 als außerordentlicher Kommissar für die von Rupnik betreute Schwesterngemeinschaft zuständig, deckte die Anschuldigungen gegen den Slowenen auf und leitete sie an den Vatikan weiter.Als die Vorwürfe im Dezember 2022 publik werden, ist es der römische Weihbischof, der die Vorwürfe nicht nur bestätigt, sondern Verantwortungsübernahme fordert. Libanori verteidigt Rupniks Opfer und protestiert gegen seinen Vorgesetzten De Donatis. Der weist zunächst jegliche Kenntnis über Rupniks mutmaßliche Handlungen von sich. Eine anschließende Untersuchung des römischen Aletti-Zentrums, die mit einer Entlastung Rupniks schließt, gab der Kardinalvikar in die Hände eines Kirchenrechtlers.Libanori, der sich zur Verfolgung des Falls kritisch in der Presse äußerte, wird schließlich auf den eigens für ihn geschaffenen Posten eines Papst-Beraters für das Ordensleben versetzt. Möglicherweise machte der durchsetzungsstarke Italiener dem Papst zu viel des Aufhebens um einen Fall, dessen Handling auch von Seiten des Vatikans bis heute in der Kritik steht. Den Innenstadt-Sektor der Diözese, für den Libanori als Weihbischof zuständig war, gliederte Franziskus in die vier Sektoren Nord, Ost, Süd und West auf.Bei der Versetzung von Weihbischof Riccardo Lamba ins nordostitalienische Udine Anfang 2024 könnten Konflikte um den Fall Rupnik ebenfalls eine Rolle gespielt haben. Der heute 68-Jährige war nicht nur für den Osten des Bistums zuständig, sondern auch Verantwortlicher der Anti-Missbrauchskommission der Diözese.Lambas Nachfolger für den römischen Osten, Paolo Ricciardi, versetzt Franziskus Ende Januar nach Jesi. Weihbischof Daniele Salera wird im Februar als Bischof von Ivrea eingeführt, was aufgrund seiner Zuständigkeit für das laufende Heilige Jahr in Rom zu einem gewissen Durcheinander führen könnte. Doch davon abgesehen handelt es sich bei den neuen Bischofsposten um die Leitung dreier mittelgroßer italienischer Diözesen, die nach Ansicht von Beobachtern nicht als Orte der Verbannung dienen. Das gilt ebenso für die Versetzung von Weihbischof Dario Gervasi an die Führungsspitze der vatikanischen Familienbehörde.Nach langer Zeit innerer Konflikte und Verwaltungschaos möchte Papst Franziskus Ruhe in sein Bistum bringen. Darum stärkt er die Macht derjenigen, die seiner Meinung nach fähig sind. Baldassare Reina steht an der Spitze und wird von Bistumskennern als gute Führungsperson eingeschätzt. Als Vize folgt der ehemalige Anwalt Renato Tarantelli Baccari, der maßgeblich an der Umstrukturierung des Bistums beteiligt gewesen sein soll. Nummer Drei ist Michele di Tolve. Den lernte Franziskus einst durch seinen Cousin kennen, was di Tolves Ernennung für manche in ein schräges Licht rückte.Bleibt noch der teilweise aufgebrachte Klerus der Diözese, der sich in einschlägigen Internetportalen lautstark Luft macht. Ihnen ist besonders der neue Vize Tarantelli ein Dorn im Auge. Derjenige also, der mitverantwortlich für die Umstrukturierung im Bistum ist. Und damit nicht nur mehr Laien, sondern diese auch in Gestalt von Frauen in die Diözesanverwaltung holte, mit denen sich nun altgediente Priester auseinandersetzen müssen.Durch seine Lebensgeschichte als ehemaliger Rechtsanwalt und spätberufener Priester, der nach seiner Weihe 2018 eine steile Karriere machte, unterstellen Kritiker Tarantelli, nicht die Autorität zu haben, langjährigen Priestern Anweisungen zu geben. “Erschwerend” für den in Teilen sehr eigenen römischen Klerus kommt hinzu: Reina stammt aus Sizilien und di Tolve aus Mailand.Wie die Stimmung nach den zahlreichen Umbaumaßnahmen tatsächlich ist, wird sich am 6. März zeigen. Dann trifft der Papst die Priester seines Bistums. Zudem bleibt abzuwarten, ob und wie Franziskus die vakanten Weihbischofs-Posten im laufenden Jahr besetzt – und wen Reina in seine Chatgruppe aufnehmen muss.The post Personalkarussell im Bistum des Papstes dreht sich appeared first on Evangelische Zeitung.