Warum die Bremerhavener Familienzentren den Menschen so viel bedeuten

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Standdatum: 31. Mai 2025. Autorinnen und Autoren: Mirjam BeneckeBild: Radio Bremen | Mirjam BeneckeElf Bremerhavener Familienzentren stehen vor einer unsicheren Zukunft. Ein Besuch in Grünhöfe zeigt die Bedeutung für die Menschen vor Ort – auch als zweite Familie.In Bremerhaven stehen die elf Familienzentren auf dem Prüfstand. Wegen Geldmangel will die Stadt die Familienhilfe umstrukturieren. Was genau das für die Zentren bedeutet, ist noch unklar. Klar ist: Viele von ihnen machen sich große Sorgen. Aber was passiert eigentlich in so einem Familienzentrum – und wie wichtig sind sie für die Stadtteile? Ein Ortsbesuch.Der Duft von Bratwürstchen zieht durch das Familienzentrum Braunstraße in Bremerhaven-Grünhöfe. Es ist Mittag, Leiterin Tina Schölzel weist die Anwesenden auf das Essensangebot hin. Etwa 30 Menschen sind zum Angebot "Familie am Tisch" gekommen. Manche über 80, andere gerade ein paar Monate alt. Die achtjährige Lillan flitzt mit einem Pappteller in Richtung Grill. Sie ist schon seit einigen Stunden da.Morgens haben wir gefrühstückt mit Mama, meiner Schwester und den ganzen Leuten. Jetzt gibt es Mittag, Bratwürste, Brot, Ketchup und Mayo – und hier gibt es alte Leute, junge Leute.Lillan, Familienzentrum-BesucherinGemeinschaft und Zusammenhalt im FamilienzentrumLillan freut sich über das Angebot im Familienzentrum in Bremerhaven-Grünhöfe. Bild: Radio Bremen | Mirjam BeneckeEinmal im Monat gibt es bei "Familie am Tisch" ein warmes, kostenloses Mittagessen für alle Altersgruppen. Renate Schulz hat einen Teller mit Nudelsalat vor sich. Sie genießt das Kinder-Gewusel. "Wir sind ja alle Witwen und alleine", erzählt sie. Es sei diese Gemeinschaft im Zentrum, die zusammenhält. "Das finde ich ganz toll, auch wenn es so ist, mit den Kindern, sind wir immer dabei." Der Meinung ist auch Gisela Bockelmann.Wir würden sonst Zuhause jeder allein vorm Teller sitzen. Vielleicht gar nichts kochen, keine Lust. So ist es schön, mit Gespräche führen und so weiter.Gisela Bockelmann, Familienzentrum-BesucherinAuf einem der Tische liegt der bunt bemalte Wochenplan des Familienzentrums: Krabbelgruppen, Hausaufgabenhilfe, Sprachkurse, Kochgruppen, Kindertanzen, Babyschwimmen und ein Eltern-Café stehen an. Daneben soll es aber vor allem ein sicherer Ort für die Familien in Grünhöfe sein, sagt Tina Schölzel. Sie ist nicht nur die Leiterin, sondern auch die einzige hauptamtliche Mitarbeiterin des Familienzentrums.Die Leute wissen, sie können hierherkommen. Sie werden nicht abgewiesen und haben hier einen geschützten, sicheren Ort. Das ist ganz wichtig für viele Familien, vor allem für viele alleinerziehende Mütter, die keine Familie im Backup haben. Dafür stehen wir hier auch.Tina Schölzel, Leiterin des Familienzentrums in GrünhöfeBremerhaven fördert Zentren mit elf Mal 60.000 EuroTräger des Familienzentrums in Grünhöfe ist der evangelische Kirchenkreis. In Bremerhaven gibt es elf Familienzentren. Die Stadt fördert jede Einrichtung mit 60.000 Euro pro Jahr. Kernaufgabe der Zentren sind die sogenannten "Frühen Hilfen" – also Angebote für Kinder von null bis drei Jahren.Die Konzipierung war stark in Richtung "Frühe Hilfen". Aber das ist in diesem Stadtteil nicht nur umsetzbar. Hier in Grünhöfe brauchen wir eben einen Ort, wo man sich wirklich austauschen kann – nicht zuhause isoliert. Da gehören für mich auch Geschwisterkinder dazu. Eine Familie hört nicht mit drei Jahren auf, sie wächst weiter.Tina Schölzel, Leiterin des Familienzentrums in GrünhöfeAysun Bakir ist heute etwas später mit ihren zwei Kindern zum gemeinsamen Mittagessen gekommen. Sie musste noch arbeiten. Mit der Hilfe des Zentrums konnte sie eine Fortbildung zur pädagogischen Assistenz abschließen.Wenn einer gesagt hätte: Du wirst dich nochmal entwickeln und du wirst einen guten Job haben, das hätte ich nie … also mit über 40, vor allem habe ich mich nicht so getraut mit meinen Deutschkenntnissen. Ich dachte, das reicht nicht aus.Aysun Bakir, Familienzentrum-Besucherin"Alles, was du als Mensch brauchst"Inzwischen arbeitet Aysun Bakir an einer Grundschule. Sie strahlt, wenn sie von ihrem Job erzählt. "Das fühlt sich einfach unbeschreiblich an", sagt sie. "Dank dem Familienzentrum, dank Tina Schölzel habe ich jetzt einen Beruf."Für uns ist es wie ein zweites Zuhause. Du bekommst hier eigentlich alles, was du möchtest – was du als Mensch brauchst. Liebe, Hilfe, Unterstützung, soziales Leben – wo man sonst in Bremerhaven vielleicht nicht so die Möglichkeit hat.Aysun Bakir, Familienzentrum-BesucherinGrünhöfe ohne Familienzentrum? Das kann sich hier niemand vorstellen. Hört man sich um, berichten viele von ihren Erfahrungen. Sie sei schon so lange hier, wie es das Zentrum gibt, sagt eine Frau, und: "Das ist Familie für mich – wenn das mal wegreißt, reißt das auch ein Stück vom Herzen weg." Eine andere Frau berichtet: "Man hat mich super aufgenommen und mir in der Schwangerschaft sehr geholfen." So sei das Zentrum auch für sie eine zweite Familie geworden. "Das hatte ich bisher nirgendwo."Mehr zum Thema:AutorinMirjam BeneckeDieses Thema im Programm: Bremen Eins, Der Morgen, 30. Mai 2025, 8:40 Uhr