8. 07. 2025 | Ein Interview des für Bargeld zuständigen Bundesbank-Vorstands zeigt: Die Organisation heuchelt Bargeldfreundlichkeit nur, um die Bevölkerung in Sicherheit zu wiegen und es so den Bargeldabschaffern in Regierung und Finanzbranche leichter zu machen.Bisher war ich – trotz zunehmender Zweifel – noch davon ausgegangen, dass die Bundesbank lediglich hochgradig mutlos und zurückhaltend agiert, bei der Verteidigung des Bargelds gegen seine mächtigen Feinde in Regierungen, IT- und Finanzbranche. Ein Interview von Vorstandsmitglied Burkhard Balz hat mich überzeugt, dass diese Interpretation zu gnädig war.Viele eher sieht es danach für mich so aus, dass die Bundesbank ihre Rolle darin sieht, das Publikum durch schöne Sprüche zu beruhigen, damit die Bargeldabschaffer ungestört an ihrem Werk arbeiten können.Passenderweise gab der Bargeld-Zuständige der Bundesbank, Burkhard Balz, das Interview der rabiat bargeldfeindlichen Journalismus-Simulation T-Online des großem Werbeflächen-Vermarkters Ströer. Auf den Ströer Werbeflächen läuft derzeit eine große Werbekampagne von PayPal gegen das Bargeld. Dabei ist der Urheber der Kampagne nicht erkennbar, was mutmaßlich rechtswidrig ist.Anti-Bargeld-Botschaft auf elektronischer Anzeigentafel der Firma Ströer am 27.5.2025 im Hauptbahnhof DuisburgDank der strikt bargeldfeindlichen Haltung von T-Online fällt es Balz leicht, im Kontrast zu den Fragen den Eindruck des Verteidigers von Bargeld zu erwecken. Doch bei genauer Betrachtung ist dieser Eindruck alles andere als gerechtfertigt.Es fängt damit an, dass er – ohne Not – verkündet, meistens mit dem Handy zu bezahlen. Danach stimmt er dem Interviewer zu, dass ein Problem von Bargeld sei, dass sich damit Geschäfte „verschleiern“ lassen. Beschränkungen für Barzahlungen seien sinnvoll, sagt er. Er befürwortet das für 2027 beschlossene Verbot, Beträge ab 10.000 Euro mit dem gesetzlichen Zahlungsmittel zu begleichen. Einem echten Bargeldverteidiger würden solche Sätze nicht über die Lippen kommen. Einem Abwiegler, der die Bevölkerung in Ruhe wiegen soll, aber schon. Deshalb auch kein Wort, dass die Bargeldgrenze nicht den steilen Weg nach unten antreten darf, den man in anderen Ländern gesehen hat, und den der Internationale Währungsfonds für die schleichende Abschaffung von Bargeld empfohlen hat.Zum Beweis, dass es auch anders geht: Auf der Netzseite der Münze Österreich, einer Tochter der Oesterreichischen Nationalbank, heißt es:„In der öffentlichen Diskussion häufig genannte Vorteile einer Bargeldabschaffung wie weniger Kriminalität und Schattenwirtschaft oder Kosteneinsparungen stellen sich bei genauer Betrachtung als unhaltbar bzw. falsch heraus. So wird in der Schattenwirtschaft zurzeit eher digitalen Zahlungsmitteln der Vorrang gegeben. Die enormen Aufwendungen für Betrugsfälle bei Kartenzahlungen werden in manchen veröffentlichten Kalkulationen gerne „vergessen“, somit ist Bargeld das bei weitem kostengünstigste Zahlungsmittel. Die volkswirtschaftliche Gesamtbilanz spricht für die Beibehaltung eines leistungsfähigen Bargeldwesens.“Die Seite der Österreicher zu den Vorteilen des Bargelds schlägt das Wenige dazu von der Bundesbank, das man noch dazu lange suchen muss, um Längen. Aber zurück zu Balz und dem Interview.Von der Schwierigkeit, in ländlichen Regionen an Bargeld zu kommen, über die die Medien seit Jahren berichten, will Balz nichts wissen, auch nicht davon, dass auch in städtischen Regionen massenhaft Geldautomaten abgebaut werden und Bankfilialen schließen. Die Bargeldversorgung sei gut, versichert er. Nur künftig könne es vielleicht auf dem Land Probleme geben. Da hofft er darauf, dass die Banken etwas dagegen tun werden und zum Beispiel in unterversorgten Gebieten Geldautomaten gemeinsam betreiben. Die Hoffnung stirbt eben zuletzt.Dass es auch anders geht, zeigt wiederum Österreich, wo die Versorgungslage auf dem Land wohlgemerkt noch nicht ganz so schlecht ist wie in Deutschland. Doch hat die Notenbank vor Kurzem den ersten von ihr selbst betriebenen Geldautomat in einer bisher nicht versorgten Gemeinde aufgestellt. Bis zu 120 weitere sollen es werden. „Wir als Bundesbank können nur Anstöße geben“ (der Politik und den Banken), redet sich dagegen Balz heraus.Balz gibt mit den 31 Filialen an, von denen aus die Bundesbank das Land mit Bargeld versorge, ohne zu erwähnen, dass acht dieser 31 Filialen, also gut ein Viertel, in den nächsten Jahren geschlossen werden sollen.Nicht minder heuchlerisch ist seine selbstlobende Erwähnung des Nationalen Bargeldforums, das die Bundesbank ins Leben gerufen habe, „wo alle Beteiligten des Bargeldkreislaufs gemeinsam diskutieren, wie wir das Bargeld stärken können“. Leider ist aus dem Forum noch nicht bekannt geworden, was dem Schutz des Bargelds dienen würde. Dafür haben sich kürzlich mehrere Teilnehmer des Forums einem Anti-Bargeld-Kartell angeschlossen, das Geschäfte subventioniert, die sich vom Bargeld als einzigem Zahlungsmittel abwenden und sich Kartenlesegeräte und Verträge mit Kartenfirmen zulegen. Offenbar geschieht das mit Billigung und Duldung der Bundesbank.Ob die Abschaffung der Cent- und Zweicent-Münzen, die Bundesbank und Bargeldforum dem Finanzministerium nun vorschlagen, der große Wurf zur Rettung des Bargelds ist, halte ich für zweifelhaft – auch wenn ich die Argumente dafür halbwegs überzeugend finden.Danach wird es richtig hart: Gefragt, was er vom hochgradig bargeld- und freiheitsfeindlichen Vorstoß der Regierungsparteien in ihrem Koalitionsvertrag halte, alle Geschäfte zu verpflichten, die Girocard (die frühere EC-Karte) als Zahlungsmittel zu akzeptieren, sagt Balz dafür habe er Sympathie. Denn die Bundesbank sei grundsätzlich für „Wahlfreiheit beim Bezahlen, also dafür, dass Verbraucher selbst entscheiden können, ob sie bar, mit Girocard oder anderen digitalen Mitteln zahlen möchten.“Es stört ihn nicht, dass es hier nicht um echte Wahlfreiheit geht. Weil die Koalition Geschäfte, die nur das gesetzliche Zahlungsmittel Bargeld akzeptieren wollen, zwingen will, kostenpflichtige Verträge mit Zahlungsdienstleistern einzugehen. Diese ermöglichen das Bezahlen mit digitalem Bankengeld – das kein gesetzliches Zahlungsmittel ist. Davon, dass die Regierungsparteien es Geschäften verbieten wollen, die Akzeptanz von Bargeld durch einseitige Erklärung auszuschließen, ist im Koalitionsvertrag keine Rede.Den digitalen Euro unterstützt Balz natürlich auch und leugnet sogar die Möglichkeit, dass dieser die Verdrängung des Bargelds beschleunigen könnte. Dabei wird er nach den Plänen der Europäischen Zentralbank so konzipiert, dass er das Bargeld dort angreifen und ersetzen kann, wo es bisher stark ist: beim analogen Bezahlen in normalen Läden und Geschäften. Natürlich verliert er kein Wort dazu, dass nach dem derzeitigen Entwurf der Verordnungen zum digitalen Euro und zum Bargeld nur der digitale Euro eine bindende Annahmeverpflichtung bekommen soll, nicht aber das Bargeld.FazitAußer wohlklingende Worte zu verlieren, tut die Bundesbank nichts, um den Bargeldkreislauf vor dem Zusammenbruch zu bewahren. Im Gegenteil: dadurch, dass sie die Gefahr für das Bargeld verharmlost und leugnet, macht sie den Bargeldabschaffern in Politik, IT-Branche und Bankbranche die Arbeit einfacher. Letzteren verschafft sie mit dem Nationalen Bargeldforum sogar noch Deckung für ihr Agitieren gegen das Bargeld. Und zu allem Überfluss dünnt sie auch noch ihr Filialnetz zur Bargeldvrsorgung aus. Wer sich darauf verlässt, dass die Bundesbank das Bargeld schützt, ist verlassen.