Oberverwaltungsgericht fährt Bücherzensoren in die Parade

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9. 07. 2025 | Das nordrhein-westfälische Oberverwaltungsgericht in Münster hat unanfechtbar entschieden, dass die Bibliotheken des Landes keine Warnhinweise an Büchern anbringen dürften. Die Stadtbibliothek Münster unterlag damit in zweiter Instanz gegen einen betroffenen Autor.Mit seinem Urteil, das ein anders lautendes Urteil des Verwaltungsgerichts Münster aufhebt, dürfte das Gericht über das Bundesland hinaus einer bundesweiten Zensurdienstleistung des Bibliothekarverbands die Basis entzogen haben (Aktenzeichen: 5 B 451/25).Die Stadt Münster war mit ihrem Einordnungshinweis „Dies ist ein Werk mit umstrittenem Inhalt“ nämlich „der Empfehlung des bibliothekarischen Besprechungsdienstes“ gefolgt. Die Instanz, die sich anmaßt, darüber zu entscheiden, was wissenschaftliche Wahrheit und korrekte politische Haltung ist, heißt Berufsverband Information Bibliothek (BIB).  Auf der Netzseite des einschlägigen BIB-Projekts Medien an den Rändern ist eine Mailadresse angegeben, unter der man dem BIB Anregungen geben kann, welche Bücher auf den Index der gefährlichen Gedanken gesetzt werden sollen.Zu den Index-Erstellern gehört – wie berichtet – Professor Tom Becker, der an der FH Köln Bibliothekare ausbildet. Er muss jetzt umlernen, bezüglich des Auftrags staatlicher Bibliotheken, denn das Oberverwaltungsgericht hat ihm und dem ganzen Berufsverband ins Stammbuch geschrieben:„Der Einordnungshinweis verletzt den Autor in seinem Grundrecht auf Meinungsfreiheit sowie in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht. (…) Diese Grundrechtseingriffe sind nicht gerechtfertigt, weil sie nicht von der Aufgabenzuweisung im Kulturgesetzbuch NRW gedeckt sind. Zwar mag der Stadtbücherei das Absehen von der Anschaffung des Buches freigestanden haben. Aus den den öffentlichen Bibliotheken vom Gesetzgeber zugewiesenen Kultur- und Bildungsaufgaben ergibt sich jedoch keine Befugnis zur negativen Bewertung von Medien im Bestand der Bibliothek in Form eines Einordnungshinweises. Vielmehr liegt der Fokus der gesetzlichen Regelungen darauf, den Nutzerinnen und Nutzern der Bibliothek als mündigen Staatsbürgern eine selbstbestimmte und ungehinderte Information zu ermöglichen und sich – ohne insoweit gelenkt zu werden – dadurch eine eigene Meinung zu bilden.“Im niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur, geleitet von Falko Mohrs (SPD), wird man ebenfalls in sich gehen müssen. Das Ministerium war zu Jahresanfang als Förderer einer Veranstaltung aufgeführt, bei der zwei Mitglieder der Zensorengruppe Bibliothekaren erklären durften, woran man Bücher mit gefährlichen Gedanken erkennt und wie die Gruppe arbeitet.