Im Jahr 2022 einigten sich EU-Parlament und Mitgliedstaaten auf das Aus für Neuwagen mit Verbrennungsmotor ab 2035. Zunächst gab es kaum Widerstand vonseiten der Industrie. Inzwischen hat sich der Wind gedreht, die Branche fordert Lockerungen. Mercedes-Benz-Chef Ola Källenius warnt gar vor einem Kollaps des europäischen Automarkts. Die EU-Überprüfung des Verbrenner-Aus steht für die zweite Jahreshälfte 2025 an.Als das Verbrenner-Aus beschlossen wurde, kam aus den Chefetagen der europäischen Autobauer kaum Protest. Im Gegenteil: Volkswagen, BMW, Mercedes – sie alle stellten sich nach außen auf Linie, präsentierten ambitionierte Elektrifizierungspläne und gaben sich klimabewusst. Offiziell hieß es: „Wir sind bereit.“Hinter verschlossenen Türen klang es anders. Branchenverbände wie der ACEA drängten schon damals auf technologische Neutralität und Ausnahmen für synthetische Kraftstoffe. Doch öffentlich wollte niemand als Bremser der Klimawende gelten. 2022 schien das Verbrenner-Aus politisch unangreifbar, offener Widerspruch hätte eher politischen Schaden als Nutzen gebracht.Ab 2023 tauchten erste Zweifel auf. BMW-Chef Oliver Zipse sprach von einer zu einseitigen Fixierung auf die Elektromobilität, Mercedes-Chef Ola Källenius mahnte Flexibilität an. Dennoch blieben die offiziellen Ziele bestehen. Erst 2024 wurde die Skepsis offen sichtbar: Källenius kündigte an, Verbrenner „weit ins nächste Jahrzehnt“ bauen zu können, VW sprach von realistischen CO₂-Zielen, während Volvo beim klaren Ja blieb.Starres Verbrenner-Aus könnte “Kollaps des Automarkts auslösen”2025 schließlich bricht die Zurückhaltung. Mitten in der politischen Debatte über eine Überprüfung der EU-Klimapolitik geht Källenius frontal in die Offensive. Ein starres Enddatum könne einen Kollaps des europäischen Automarkts auslösen, sagte er dem „Handelsblatt“. Kurz vor Inkrafttreten des Verbots sei sogar mit einer Welle an Verbrennerkäufen zu rechnen. „Das nützt dem Klima gar nichts.“In seiner Rolle als ACEA-Präsident fordert er, auf ein fixes Ausstiegsdatum zu verzichten und stattdessen Elektroautos gezielt zu fördern – mit günstigen Strompreisen an Ladesäulen und steuerlichen Vorteilen. „Natürlich müssen wir dekarbonisieren, aber es muss technologieneutral gemacht werden. Wir dürfen unsere Wirtschaft nicht aus den Augen verlieren“, so Källenius.Er verweist auf den Druck, unter dem die Branche bereits steht: US-Zölle, schwache Nachfrage, harter globaler Wettbewerb. „Unsere Industrie erlebt zugleich Starkregen, Hagel, Sturm und Schnee. Autobau ist ein hartes Geschäft, mehr denn je.“ Mit Blick auf die anstehende Überprüfung der EU-Klimaschutzvorgaben im zweiten Halbjahr fordert er einen Realitätscheck: „Sonst fahren wir mit Vollgas gegen die Wand.“Während die EU-Kommission bislang am Verbot festhält, hat sich der Ton der Industrie nach massiven Gewinneinbrüchen gewandelt. Zwar wagt man nicht, die offiziellen Narrative infrage zu stellen und pocht weiter auf Subventionen und Planwirtschaft, statt die Nachfrage (wie früher) einfach durch den Bau attraktiver Autos zu erhöhen. Doch nun, da der erhoffte Run auf die Stromer und die damit verbundenen Gewinne ausbleiben, hält offenkundig doch wieder etwas mehr Vernunft Einzug in die Chefetagen der Autobauer…