„Sie kommen!“: 800.000 Afghanen-Flüchtlinge aus dem Iran mit Fluchtziel Deutschland

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Seit mehr als drei Jahrzehnten zählt Afghanistan zu den Ländern, aus denen Menschen nach Deutschland fliehen. Krieg, Terror, politische Instabilität und zuletzt die Rückkehr der Taliban haben Millionen zur Flucht motiviert – viele von ihnen fanden und finden weiterhin Schutz in Europa. Insbesondere in Deutschland.Von Guido GrandtZum Stichtag 31. Dezember 2024 lebten in Deutschland rund 461.000 Menschen mit afghanischer Einwanderungsgeschichte. Davon reisten etwa 366.000 als „Schutzsuchende“ selbst ein. Von ihnen sind 282.700 als Flüchtlinge anerkannt. Damit stellen Afghanen die zweitgrößte Gruppe sogenannter „Schutzsuchender“ in Deutschland – direkt nach syrischen Geflüchteten.Ein Blick auf die Aufenthaltsgründe zeigt, dass die allermeisten aus „humanitären Gründen“ gekommen sind. Allerdings ist der Weg zur Integration noch weit: Bisher besitzen nur wenige Afghanen die deutsche Staatsbürgerschaft.Afghanische Flüchtlinge in Deutschland – männlich, jung und wenig weiblichDie afghanischen Flüchtlinge sind überwiegend „männlich und jung.“ Nur ein Drittel sind Frauen.Ein weiteres Drittel sind Minderjährige – viele von ihnen wachsen nun in einer neuen Gesellschaft auf, deren Sprache, Kultur und Regeln sie erst noch erlernen müssen. Oder gar ablehnen.Die Studie „Angekommen und transnational verbunden  – Afghanische Zugewanderte in Deutschland“ des Sachverständigenrats für Integration und Migration aus dem Jahr 2024 bekundet, dass in der afghanischen Bevölkerung in Deutschland der Frauenanteil lediglich 35,5 % beträgt (Statistisches Bundesamt 2024a: Tabellenblatt 12521-03). Also gerade mal etwas mehr als ein Drittel.Betrachtet man die Gruppe der afghanischen Asylantragstellenden im Jahr 2023, war der Anteil der Frauen mit 18 % (BAMF 2024a: 20) noch geringer.Die Befragten in der Stichprobe der Studie waren im Durchschnitt 35 Jahre alt. Eine bzw. einer von zehn war 16–24 Jahre alt, zwei Drittel (66 %) waren im Alter von 25 bis 44 Jahren. Demgegenüber ist die afghanische Bevölkerung in Deutschland erheblich jünger. Im Jahr 2023 war ein gutes Drittel (34 %) zwischen 16 und 24 Jahre alt und etwas mehr als die Hälfte (52 %) war in der Altersgruppe zwischen 25 und 44 Jahren (Statistisches Bundesamt 2024b; eigene Berechnung). Massive Fluchtbewegung durch Taliban-MachtübernahmeDie Machtübernahme der Taliban im August 2021 verschärfte die Fluchtbewegung massiv. Tausende versuchten, das Land zu verlassen – nicht nur über die dramatischen Luftbrücken aus Kabul, sondern auch über die Landgrenzen in den Iran und nach Pakistan.Viele Afghanen, die schließlich in Deutschland Asyl beantragten, hatten zuvor bereits Jahre in diesen Nachbarstaaten gelebt. Iran verschärft seinen Kurs gegen afghanische Flüchtlinge Nach offiziellen Angaben der Regierung in Teheran sollen bis zum 20. März 2026 – dem Ende des iranischen Kalenderjahres – weitere 800.000 afghanische Staatsangehörige abgeschoben werden. Das kündigte Innenminister Eskandar Momeni in der regierungsnahen Zeitung Tehran Times an.Bereits jetzt ist die Zahl der Rückführungen enorm: Mehr als 1,2 Millionen Afghanen mussten allein im laufenden Jahr das Land verlassen – ein historischer Höchststand. In über 70 % der Fälle handelte es sich laut Momeni um „freiwillige Rückkehr“. Menschenrechtsorganisationen und das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) widersprechen jedoch dieser Darstellung und sprechen von Zwang und prekären Bedingungen.Das UNHCR berichtet zudem, dass allein zwischen Januar und Juli 2025   – und damit in nur sieben Monaten  – mehr als 700.000 Afghanen aus dem Iran abgeschoben wurden. Darunter hätten sich zahlreiche Familien befunden, die seit Jahren oder Jahrzehnten dort lebten, so die deutsche Europaabgeordnete Hannah Neumann.Offiziell versichert das iranische Gesundheitsministerium jedoch, dass alle Betroffenen auch während ihrer Abschiebungsprozesse medizinisch versorgt würden und nötige Behandlungen in Anspruch nehmen könnten. Menschenrechtsorganisationen bezweifeln dies allerdings.Massenabschiebungen von „Illegalen“Der iranische Innenminister betonte weiter, dass die Abschiebungen ausschließlich Personen beträfen, die sich „illegal“ im Land aufhielten. Der Iran beherberge nach offiziellen Angaben ohnehin rund 6 Millionen ausländische Staatsangehörige, darunter mehrere Millionen Afghanen.Die Regierung sei gesetzlich dazu verpflichtet, jene Migranten auszuweisen, die keine gültigen Papiere besitzen würden. Momeni: „Wer im Iran leben will, muss die dafür vorgeschriebenen Verfahren einhalten.“ Die Anwesenheit nicht registrierter Flüchtlinge stelle eine große Belastung dar. Sie wirke sich „negativ auf die Wirtschaft, den Sozial- und Sicherheitssektor“ aus, so Momeni weiter.Letztlich ist dem Iran damit das gelungen, was von der deutschen Politik stets bestritten wird: nämlich, dass man keine Massenausweisungen umsetzen könne! Und das, weil Teheran es so will!Iran: Konkurrenz zwischen Zuwanderern und EinheimischenDer harte Kurs der Iraner dürfte eng mit der angespannten Wirtschaftslage im Land zusammenhängen. Die Arbeitslosigkeit dort bleibt hoch, während die Inflation weiter das Leben verteuert. In vielen Metropolen konkurrieren iranische Niedriglohnarbeiter mit afghanischen Zuwanderern, was zu wachsendem Unmut führt.Auch im Präsidentschaftswahlkampf 2024 spielten migrationspolitische Fragen eine zentrale Rolle: Zahlreiche Kandidaten forderten öffentlich, Afghanen verstärkt aus dem Land zu verweisen. Hinzu kommt, dass in persischsprachigen sozialen Medien zunehmend abwertende und feindselige Beiträge gegen afghanische Migranten kursieren.Momeni ging sogar so weit, im Staatsfernsehen Ende Juni 2025 einige Flüchtlinge der Zusammenarbeit mit ausländischen Geheimdiensten zu bezichtigen: „Einige Afghanen sind in den letzten Jahren mit der Absicht gekommen, Sabotageakte durchzuführen und für den Mossad (den israelischen Geheimdienst/GG) tätig zu werden.“ Europa  – Deutschland – als FernzielEin Großteil der aus dem Iran Abgeschobenen landet mittellos wieder in Afghanistan, ohne Perspektive. Manche – insbesondere alleinstehende Männer – versuchen, über die Türkei weiter nach Europa zu gelangen.Oft fehlen ihnen dafür jedoch Geld und Strukturen, sodass sie auf Schleusernetzwerke angewiesen sind. Wer wiederum familiäre Kontakte in die EU besitzt, nutzt diese, um den gefährlichen Weg auf sich zu nehmen. In Deutschland beispielsweise stellten Afghanen in den Jahren 2021 bis 2023 zwischen 23.000 und 51.000 Asylanträge. Jährlich wohlgemerkt!Mit den massiven Rückführungen sowohl aus dem Iran als auch aus Pakistan steigt der Druck auf Afghanistan – und somit mittelbar auf die Europäische Union. Das UNHCR warnt bereits: „Wir können nicht ausschließen, dass sich ein Teil der Betroffenen auf den Weg nach Europa macht.“ So droht sich die ohnehin angespannte Lage entlang der Fluchtrouten weiter zu verschärfen – mit unabsehbaren Folgen für Afghanistan, die Nachbarstaaten und die EU. Und damit vor allem für das Fluchtziel Nummer 1: Deutschland!Nicht zu vergessen  – diese Möglichkeiten für Afghanen nach Deutschland einzureisen gibt es bereits:Quelle Screenshot/Bildzitat: https://www.svr-migration.de/wp-content/uploads/2024/10/SVR-Studie_Afghanische-Zugewanderte-in-Deutschland.pdfMoralische Empörung bei CDU über „Aufnahmeprogramme“Als im März 2025 155 mutmaßlich afghanische „Ortskräfte“, wie es hieß, nach Deutschland eingeflogen wurden, zeigte sich die CDU empört.Alexander Throm, innenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion, echauffierte sich: „Frau Baerbock (Ex-GRÜNEN-Außenministerin/GG) versucht noch auf den letzten Metern, bei ihrem gescheiterten Aufnahmeprogramm für vollendete Tatsachen zu sorgen. Diese vom Steuerzahler finanzierten Abholflüge müssen sofort aufhören.“ Throm kritisierte auch, dass das Ganze nicht mehr mit Ortskräften, die für Deutschland gearbeitet hätten, zu tun habe. „Die sind nämlich fast alle längst bei uns“, sagte er. Die CDU sei von Anfang an gegen dieses Projekt gewesen „und wir werden es aus guten Gründen nicht fortsetzen.“ Bekannt wurde nämlich, dass mehrere Afghanen trotz offensichtlich gefälschter oder zweifelhafter Dokumente auf die Flugliste gesetzt worden waren, was letztlich zu einem Sicherheitsproblem in Deutschland führte. Auch der neue Bundesaußenminister Johann Wadephul betonte, dass neue Aufnahmeprogramme nicht gestartet werden sollten – aber bestehende Zusagen würden gültig bleiben. Das Verwaltungsgericht Berlin hatte nämlich entschieden, dass frühere Aufnahmezusagen erteilt werden müssten.Zudem hätte, so Wadephul weiter, das Innenministerium klar gemacht, dass eine Aufnahmezusage zwei Jahre Gültigkeit besitzen würde – innerhalb dieses Zeitraums könne ein Visum beantragt werden. Der Visumsprozess selbst würde jedoch unter Sicherheitsüberprüfung stehen.All das, obwohl der Koalitionsvertrag von Union und SPD das Ende freiwilliger Aufnahmeprogramme vorsieht. Pustekuchen!Nun doch: Berlin „evakuiert“ Afghanen aus PakistanDie Welt berichtete am 26. August 2025: „Ende der Blockade  – Berlin lässt Afghanen aus Pakistan einreisen. Monatelang verhinderte die neue Bundesregierung die Evakuierung von ‚besonders gefährdeten‘ afghanischen Staatsbürgern nach Deutschland. Nach mehreren Gerichtsentscheidungen zuungunsten Berlins reagiert die Regierung nun.“Doch wie viele Afghanen werden überhaupt aus Pakistan „evakuiert?“ Und wie viele werden zusätzlich noch mit den verschiedenen Programmen und natürlich über die Fluchtrouten nach Deutschland kommen?Weiterer Familiennachzug ist vorprogrammiertDie bereits erwähnte Studie „Angekommen und transnational verbunden – Afghanische Zugewanderte in Deutschland“ macht deutlich: „Befragte der afghanischen Community haben intensive transnationale Verbindungen zu Verwandten und Freunden, die größtenteils noch in Afghanistan leben.“ Und: „Die Befragten fühlen sich in Deutschland überwiegend willkommen und dem Land verbunden. Nahezu alle sehen ihre Zukunft hier und möchten sich einbürgern lassen (…) Ihr wichtigstes Anliegen ist, Angehörige zu sich zu holen, die noch in Afghanistan sind.“Bei der Frage „Was sind zurzeit die drei größten Herausforderungen, mit denen Sie in Deutschland konfrontiert sind?“, antworteten die Afghanen hierzulande an erster Stelle (mit 44 %): „Meine Familie nach Deutschland zu holen“ (Familienzusammenführung). Nur für 27 % war es wichtig, „genug Geld zu verdienen, um sich und ihre Familie versorgen zu können”. Für nur 15% „eine Arbeitsstelle zu finden“ und für lediglich 1 % eine Rückkehr zu planen.Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.Guido Grandt (geb. 1963) ist investigativer Journalist, Publizist, TV-Redakteur und freier Produzent. Seine Arbeitsschwerpunkte liegen auf Recherchen zu organisierter Kriminalität, Geheimgesellschaften sowie auf brisanten Themen aus Politik, Wirtschaft, Finanzen, Militär und Sicherheit. Darüber hinaus widmet er sich der Aufdeckung verborgener oder tabuisierter Hintergründe zeitgeschichtlicher Ereignisse. Guido Grandt veröffentlichte bisher über 40 Sachbücher und verfasste rund 6.000 Artikel. Sein kostenloser Blog: https://www.guidograndt.de/Seine Bücher: Guido Grandt bei AmazonQuellen:https://www.epochtimes.de/politik/ausland/iran-will-bis-maerz-2026-weitere-800-000-afghanen-abschieben-teil-will-nach-europa-a5221852.html?utm_source=nl-morning-subs&src_src=nl-morning-subs&utm_campaign=nl-morning_2025-08-20&src_cmp=nl-morning_2025-08-20&utm_medium=email&utm_content=QWBcv01ECNM~177&est=Bfxtlnk9n66%2B%2Bc6Vt6Q3P6De1DHMtaTDy6wf9Q1fagMgoYL5sqhcfNHJ6PbIqM%2FuwJDi5IKihA%3D%3Dhttps://www.svr-migration.de/wp-content/uploads/2024/10/SVR-Studie_Afghanische-Zugewanderte-in-Deutschland.pdfhttps://www.zeit.de/politik/deutschland/2025-06/afghanistan-aufnahmeprogramm-ortskraefte-wadephul-pakistan-aufnahmezusagehttps://www.schwaebische.de/politik/cdu-ist-empoert-baerbock-holt-mit-steuergeldern-afghanen-ins-land-3377756https://mediendienst-integration.de/flucht-asyl/afghanische-fluechtlinge.htmlhttps://www.lto.de/recht/nachrichten/n/vg8l29025v-vg-berlin-bundesaufnahmeprogramm-afghanistan-visa