Bild: KIEs ist wieder Gillamoos, jene bayerische Hochamt-Variante, bei der Politik und Hopfen eine unheilige Allianz eingehen. Markus Söder, CSU-Chef, Ministerpräsident und Gelegenheits-Dirigent des Blasmusik-Populismus, tritt ans Mikrofon, als wäre es ein Schwert, mit dem er den Drachen der demokratischen Düsternis erlegen will. Die Botschaft: Deutschland sei wackeliger denn je. Das Bierzelt hingegen steht stabil – wahrscheinlich, weil es auf jahrzehntelang erprobter Doppelbock-Statik ruht.Söder ruft „Nein zu einer Übernahme Deutschlands und Bayerns durch die AfD“ und man sieht förmlich, wie im Publikum die Bierkrüge salutieren. Es ist das alte Ritual: Erst die Warnung, dann der Applaus, dann die Wiederholung der Warnung in noch ernsterem Ton. Die AfD, so der CSU-Vorsitzende, sei eine Art politischer Chemieunfall: rechtsradikale Dämpfe, Russenfreundlichkeit als Nebenwirkung, Spionagepartikel in der Luft – der Verfassungsschutz als Dauermessgerät, das nervös piepst.Derweil, ein paar Bierzeltdächer weiter – genauer: abseits im Schlossgarten – hat sich die AfD zum Parallel-Frühschoppen versammelt. Eine Art politisches Alternativprogramm für alle, die die Blasmusik gegen das Blasen heißer Luft tauschen wollen. Parteichef Tino Chrupalla verspricht Regierungsverantwortung. Wenn nicht nächstes Jahr in Sachsen-Anhalt, dann eben 2029 im Bund. Ein Mann, ein Kalender, ein Plan – und „dieses Schiff“ werde er „auf Vordermann bringen“. Welches Schiff? Deutschland. Oder zumindest die Barkasse der Empörung, die im Schlossgraben vor Anker liegt.Zurück im Zelt der CSU wird die Freiheit beschworen, als wäre sie eine Maß Bier, die jeden Moment überläuft. „Wackeliger denn je“, sagt Söder – und niemand widerspricht, denn wacklig ist hier vieles: Tische, Hocker, politische Mehrheiten. Das Publikum nickt pflichtbewusst. Vielleicht, weil das Nicken die einzige Bewegung ist, die man mit einem Krug in der Hand elegant ausführen kann. Söder, der längst verstanden hat, dass sein Publikum zwischen Geräuchertem und Geräuschpegel navigiert, liefert Schlagzeilen in Portionen, die so groß sind wie die Brezn: handlich, salzig, leicht zu verdauen.Bildquelle: Olaf Kosinsky, CC BY-SA 3.0 DE, via Wikimedia CommonsDie AfD wiederum inszeniert sich als Korrektiv. Ein bisschen so, als würde jemand, der gerade den Feueralarm ausgelöst hat, mit ernster Miene erläutern, wie wichtig Rauchmelder sind. „Eine andere Form der Demokratie“ sei das Ziel, warnt Söder. In AfD-Kreisen nennt man das meist „Volksnähe“, was in der Praxis oft bedeutet: näher am Volk als an der Verfassung. Chrupalla verspricht Ordnung auf dem Schiff, doch der nautische Kompass scheint zwischen „Kurs Westen“ und „Kurs Moskau“ zu flackern. Man liebt Russland, heißt es, aber nur platonisch. Und wenn irgendwo für China spioniert wurde, dann sicher aus Versehen – man hat ja so viele Papiere, da kann man schon mal eins falsch falten.Der Gillamoos ist das bayerische Pendant zum politischen Aschermittwoch: weniger Asche, mehr Schaumkrone. Alle Parteien rufen, alle Parteien lauschen sich selbst, und jeder betont, wie rustikal er heute wieder ist. Es ist die demokratische Probe aufs Exempel: Wer kann mit mehr Wucht ins Zelt sprechen, ohne dass die Weißwürste beleidigt sind? Söder kann das gut. Er spricht von „Spaltung“ und „Schwächung“, und plötzlich wirkt das Bierzelt wie eine staatsbürgerliche Reha-Klinik, in der jeder Wähler lernt, dem Muskel Demokratie wieder zu vertrauen – mit isotonischen Getränken aus Erding.Chrupalla hingegen übt bereits die Kapitänspose. „Auf Vordermann bringen“ – das klingt nach Ordnung an Deck, nach strammgezogener Nation und nach Flaggenappell im Innenausschuss. Man möchte fragen: Wo ist der Rettungsring, falls die Realpolitik aufläuft? Aber im Schlossgarten gibt es nur rhetorische Rettung: alles wird gut, sobald die AfD das Ruder hat. Womit bewiesen wäre, dass Metaphern zwar seefest, aber selten faktenfest sind.Und so dreht sich der politische Karussellbetrieb: hier der Warner im Bierzelt, dort der Willensstark-Kapitän im Park. Dazwischen die Wählerinnen und Wähler, die sich wünschen, dass jemand das Land einfach ordentlich regiert – ohne akustisches Sperrfeuer. Doch das ist Gillamoos: Hier wird nicht nur Wurst gedreht, sondern auch Worte. Man formt aus Bedenken Bouletten und serviert sie mit Senf. Scharf, versteht sich.Fazit zum GillamoosAm Ende bleibt die Erkenntnis: Die Freiheit mag wackeln, aber sie fällt nicht, solange das Bierzelt hält. Söder hebt den Zeigefinger, Chrupalla den Anker, und beide hoffen, dass der Applaus lauter ist als die Zweifel. Politische Volksnähe wird in Litern gemessen, und wer sie nicht erreicht, muss nächstes Jahr eben früher ausschenken. Bis dahin gilt: Deutschland ist kein Schiff, Bayern kein Beiboot, und der Gillamoos vor allem eines – ein Ort, an dem die Demokratie jedes Jahr beweist, dass sie trinkfest ist. Prost.BILD: KI Bildquelle Titelbild: Michael Lucan, CC BY-SA 3.0 DE , via Wikimedia CommonsDer Beitrag Gillamoos Gaudi: Wenn die Freiheit wackelt und das Bierzelt hält erstrahlte zuerst auf QPress.