Teil 1Wir – meine Partnerin und Kollegin Éva Péli und ich – erlebten ein weiteres Mal eine interessante und vielfältige Stadt und freuten uns, wieder in Moskau sein zu können, trotz der deutschen Kriegshetzerei und -treiberei gegen Russland, die ich beschämend finde. Erneut sind wir freundlich und zuvorkommend unterstützt und behandelt worden, als wir unsere Reise organisierten, ob bei der russischen Botschaft oder vom russischen Außenministerium, das unsere Presse-Visa ausstellte.Wir haben auch unseren russischen Kollegen wieder getroffen, mit dem wir einst in Berlin bei Sputniknews zusammengearbeitet haben. Er wurde von der Berliner Ausländerbehörde als vermeintliche «Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit in Deutschland» ausgewiesen, weil er angeblich russische Propaganda verbreiten würde. Das tat und tut er bis heute nicht, kann ich nur bezeugen.Er hat eher einen kritischen Blick auf die russische Politik. Das, was er erlebte, ist nicht nur beschämend, sondern ebenso wider alle rechtsstaatlichen Regeln. Aber davon lassen wir unsere Freundschaft nicht beeinträchtigen, und so kommen wir eben nach Moskau, um ihn zu sehen – so lange das noch geht.Der hochmoderne Stadtbezirk Moskau-City im HerbstnebelWie lange das noch möglich ist, ist unklar, angesichts der politischen Entwicklungen in Deutschland, wo Kanzler Friedrich Merz (CDU) Aussagen des russischen Präsidenten Wladimir Putin verfälscht und davon spricht, Deutschland müssen sich «wieder» gegen Russland verteidigen. Das wird auch in Moskau wahrgenommen und beobachtet sowie mit Kopfschütteln bedacht, wie wir in den ersten Tagen erfuhren.Dazu gehört auch, dass wahrscheinlich erst eine andere Politik und eine Rückkehr zu einem vernünftigen Verhältnis mit Russland möglich ist, wenn die AfD mitregieren darf. Vielleicht wird diese Partei auch gebraucht, um eine Kurskorrektur begründen zu können. Denn die derzeit Regierenden scheinen dazu auch deshalb nicht in der Lage, weil sie ihr «Gesicht nicht verlieren» wollen.Dieses gebräuchliche Argument für das Festhalten an einer gescheiterten Politik, egal welcher Schaden mit dieser angerichtet wird, zeigt aus meiner Sicht, wie asozial und gefährlich Politik ist, um es deutlich zu sagen. Die Hoffnung auf eine Rückkehr zu einem vernünftigen Verhältnis zwischen beiden Ländern gibt es aber noch bei russischen Beobachtern, wie wir erfuhren.Eigentlich ganz normalAber zurück zum Leben in Moskau, wie wir es erlebten und sahen. Unser Hotel lag recht zentral, was die Wege kürzer machte, aber wir kamen vor allem mit der Metro immer relativ schnell dahin, wo wir hin wollen oder müssen. So zum Beispiel zu unseren Interviewterminen mit interessanten Gesprächspartnern vor allem aus dem politikwissenschaftlichen Bereich.Genaueres kann ich dazu noch nicht preisgeben, wie ich Eva versprochen habe, die die Interviews für andere Medien führte. Die Gespräche zeigten unter anderem, dass Russland nicht auf den Westen angewiesen ist und längst nach Osten und Süden schaut, wo es neue Partner sucht und gefunden hat. Dabei wird auch ein Selbstbewusstsein deutlich, das nicht blind ist für die eigenen Probleme, aber nicht vor dem Westen in die Knie geht und nicht darum bettelt, wieder vernünftig behandelt zu werden.Wir sahen und erlebten Menschen in Moskau, die gewissermaßen ganz normal leben, wie die in anderen Städten Europas beispielsweise auch. Auf den Rolltreppen der Metro und in den Zügen, die unter Moskau unterwegs sind, schauen die meisten auf ihre Smartphones.Am frühen Abend auf dem Platz vor dem Tschaikowski-KonzertsaalIn den Straßen im Zentrum vor den Bürogebäuden von Firmen, Banken und Institutionen stehen die geschäftigen Menschen in ihren Raucherpausen wie anderswo auf der Welt auch – und sehen nicht anders aus als jene in Paris, London, Berlin oder wo auch immer. Sie eilen durch die Straßen, entweder unterwegs zum Termin oder erst ins Büro – immer wieder ebenso vorbei an Menschen, die zu den sogenannten Verlierern gehören.Neben zum Teil deutlich zur Schau gestelltem Reichtum ist ebenso Armut in Moskau zu sehen, wenn auch nicht so deutlich wie beispielsweise in Berlin. Aber es gibt sie, die beiden Bettler mit ihrer wenigen Habe auf einer Bank, die Frau in einer Straße mit Geschäften und Restaurants, die um Hilfe bittet, oder die schwangere Bettlerin in einer Unterführung.Oder die alte Frau, die von ihrer kleinen Rente von maximal umgerechnet 200 Euro nicht leben kann. Viele arbeiten deshalb noch lange im Alter, wenn sie können, während die Frau das sichtlich nicht mehr kann und die Vorbeigehenden um Geld bittet.Die Unterschiede zwischen Arm und Reich in der russischen Hauptstadt sind erkennbar und nehmen wahrscheinlich zu. Sie zeigen sich ebenfalls dadurch, dass im Dienstleistungsbereich vor allem Menschen tätig sind, die offensichtlich als Migranten nach Russland kamen. Aber auch insofern ist Moskau «normal», denn auch das ist in westeuropäischen Haupt- und Großstädten nicht anders.Straßenmusiker am Abend vor der Metrostation NowokusnezkajaAber es gibt hier genauso Menschen wie den Transvestiten in der Metro-Station, der geschminkt auf die nächste Bahn wartet, den jungen Mann, der aus der Metro kommend schnell noch seinen kunstvoll gepflegten Schnurrbart zwirbelt oder die jungen Straßenmusiker, die meist abends vor den Metro-Stationen spielen. Es ist ein normales Leben in einer normalen Stadt, die bloß etwas größer ist – und die Hauptstadt des größten Landes der Erde ist.Ein Honig-ParadiesEs kommt mir absurd vor, dass manche echte und eingebildete Russland-Experten dem Land vorwerfen, Großmacht sein zu wollen. Was erwarten wir den von einem Land, das so groß und so reich an Ressourcen und Potenzial ist wie Russland?Wir waren wie schon im Mai nicht die einzigen Deutschen, die nach Moskau gekommen waren, wenn es auch dieses Mal wahrscheinlich nicht so viele waren. Wir hörten, dass zur selben Zeit wie wir der Songpoet Tino Eisbrenner in der russischen Hauptstadt war, ebenso der Historiker Alexander Rahr oder der Journalist Patrik Baab.Wenn ich mich entscheiden muss, aus den Erlebnissen das schönste oder beste auszuwählen, fällt mir das schwer. Aber meine Wahl trifft auf den Besuch auf dem Honigmarkt im Park Kolomenskaja, auf dem wir am Sonntag (26. Oktober) waren. Wir hatten ihn zufällig am Freitag zuvor entdeckt, als wir im herbstfarbenen Park mit seinen weißen Kirchen und alten Holzgebäuden waren. An dem Tag hatten wir keine Zeit mehr, ihn uns in Ruhe anzuschauen, was wir dann am Sonntagabend darauf nachholten.Im HonigmarktIch empfehle ja sowieso allen und jedem die Reise nach Russland und nach Moskau. Wegen des Friedens und überhaupt. Und nun umso dringender – wegen des Honigmarktes.In den neugebauten, aber historisch gestalteten Hallen und Pavillons gibt es Honig aus verschiedenen Regionen Russlands, vor allem aus Baschkirien und dem Altai-Gebiet. Wir bekamen an mehreren Ständen Kostproben von Lindenhonig, Kastanienhonig. Wildhonig, Tannenhonig, Baumwollhonig oder Taigahonig.Es war für mich als Honigfan wie im Paradies: all die verschiedenen Sorten und ihr Aroma. Da schmeckt Honig noch nach den jeweiligen Pflanzen, bei denen die Bienen waren. Es war eine unglaubliche Vielfalt und ein unglaublicher Geschmack!Aber ich habe jetzt noch einen Grund, wieder nach Moskau zu kommen und nicht allzu lange damit zu warten. Zu den Gründen wiederzukommen gehört neben unseren Freunden auch das, was wir alles noch nicht gesehen und erlebt haben in dieser großen Stadt.Pünktliche Metro und preiswerte RestaurantsSie zeigte sich sehr herbstlich, auch mit kühlem Regen, nur in wenigen Momenten brach kurz die Sonne durch die Wolkendecke. Aber das minderte nicht das gute Gefühl, dort sein zu können. Gewöhnungsbedürftig war nur, herbstgemäß angezogen zu sein und dann in der Metro zu schwitzen.Das traditionsreiche und nun 90-jährige Moskauer Transportmittel brachte uns immer schnell und pünktlich dahin, wo wir hinwollten – mit Taktzeiten von ein bis zwei Minuten. Und die alten Waggons aus Sowjetzeiten fahren immer noch so pünktlich wie die hochmodernen, gebaut in den letzten Jahren, mit ihren USB-Anschlüssen an den Sitzen und interaktiven Metro-Fahrplänen zum Nachschauen und orientieren.Wer erleben will, wie attraktiver und fahrgastgerechter öffentlicher Nahverkehr sein kann, sollte mal nach Moskau kommen – wenn er noch nicht dort war. Der Preis für eine Fahrt, egal wie viele Stationen und wie viele Umstiege, liegt bei umgerechnet weniger als einem Euro.Trotz der täglich Millionen Moskauer, die die Metro benutzen, sind auch immer die mehrspurigen Straßen voll. Ob PKW oder LKW, alle fahren sie auf den breiten Prospekten und großen Magistralen, ein schier nicht enden wollender Verkehr – der natürlich auch zur wenig sauberen Luft beiträgt. Immerhin gibt es neben den Straßenbahnen in Moskau auch zunehmend Elektrobusse.Die Preise für Lebensmittel sind niedriger als in Deutschland, vielleicht um ein Drittel oder Viertel – der durchschnittliche Monatslohn in Russland liegt derzeit bei etwas über 900 Euro, in Deutschland bei um die 2500 Euro netto. Natürlich sieht das in Moskau noch einmal etwas anders aus als im Rest des großen Landes.Das mit den Preisen gilt auch für Restaurants, wenn es nicht gerade ein angesagtes und sichtbar teures ist. Da sind für Speisen und Getränke auch schnell mal hohe westeuropäische Preise zu zahlen. Aber es gibt genügend preiswerte und gute Alternativen, ob das Grabli nahe der Metro-Station Nowokusnezkaja, das Warenitschnaja nahe der Station Tretjakowskaja mit seinen optischen Erinnerungen an den Sport der Sowjetunion oder das Kortschma ebenfalls nahe der Station Nowokusnezkaja mit seiner ukrainischen Küche. Zu empfehlen sind auch die zahlreichen Stolowajas.Das Restaurant Kortschma nahe der Metro-Station NowokusnezkajaDas letztgenannte Restaurant wirbt wohl inzwischen nicht mehr mit der ukrainischen Küche, sondern mit der slawischen. Aber sonst ist neben der Speisekarte die gesamte Inneneinrichtung bis zur Bekleidung der Kellnerinnen und Kellner eine Reminiszenz an das Nachbarland, in dem der Westen Krieg gegen Russland führen lässt.***Teil 3 folgt am Donnerstag.Berichte vom Mai 2025:Ausgestreckte Hände – Bericht aus Moskau Teil 1Mit offenen Armen empfangen – Bericht aus Moskau Teil 2Fast ganz normal – Bericht aus Moskau Teil 3