Dinghofer-Symposium: Gegenveranstaltung vor Parlament

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11.11.2025 20.51Online seit heute, 20.51 UhrVon Protesten begleitet hat heute Abend im Parlament das Dinghofer-Symposium der FPÖ stattgefunden. Zeithistoriker und die anderen Parteien sahen die Veranstaltung, zu der Nationalratspräsident Walter Rosenkranz geladen hatte, als postume Ehrung eines deklarierten Antisemiten.Vor dem Hohen Haus gab es eine Demo von Jugendorganisationen und ein „Protest-Symposium“. In diesem Jahr hatten sich nach einem Historikerbrief ÖVP, SPÖ, NEOS und Grüne der Kritik angeschlossen. Rosenkranz sprach am Abend von „Skandalisierung“ und ist für weitere „Dinghofer-Symposien“ im Parlament.„Erregungs-, Skandalisierungs- und Verleumdungsunkultur“Aus Gedenkkultur sei in letzter Zeit eine „Erregungs-, Skandalisierungs- und Verleumdungsunkultur“ geworden, kritisierte er in seinen Eröffnungsworten bei der Veranstaltung zum Thema „Zensur und Ideologisierung – die Freiheit in Gefahr“ vor gut hundert Besuchern.Die Kritik von Zeithistorikern um Oliver Rathkolb und Helmut Konrad, die per offenen Brief gegen das „ehrende Erinnern an einen deklarierten Antisemiten und Nationalsozialisten“ mobil gemacht und die aktuellen Proteste ausgelöst hatten, konnte Rosenkranz nicht nachvollziehen. Immerhin stehe dessen Name auf einer Gedenktafel am vorderen Portikus und das sei nach der Renovierung des Hauses für Ordnung befunden worden. Enthüllt habe diese übrigens der damalige SPÖ-Nationalratspräsident Heinz Fischer.Der FPÖ-Abgeordnete und Präsident des Dinghofer-Instituts, Martin Graf, rückte ebenfalls zur Verteidigung Dinghofers aus. Dieser werde aus politischem Interesse ohne Faktengrundlage zum NSDAP-Mitglied abgestempelt, diese Behauptung sei „niederträchtig“. Rosenkranz kündigte unterdessen schon jetzt an, trotz der Kritik das „Dinghofer-Symposium“ im Parlament auch im kommenden Jahr nicht zu untersagen.„Protest-Symposium“ vor dem Hohen HausVor dem Hohen Haus fand ein „Protest-Symposium“ der Jüdischen Österreichischen Hochschülerinnen (JöH) unter dem Titel „Gegen Geschichtsvergessenheit und Nazi-Ehrung im Parlament“ statt. Vor der Rampe waren weiße Sessel aufgebaut, angekündigt waren Reden unter anderem vom Vizepräsident des World Jewish Congress (WJC) Ariel Muzicant, von den Schriftstellern Doron Rabinovici und Susanne Scholl sowie der Direktorin des Jüdischen Museums Wien, Barbara Staudinger.Der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG), Oskar Deutsch, hatte via X zur Teilnahme aufgerufen. „Die FPÖ huldigt einem rabiaten Antisemiten und Nationalsozialisten; und zwar nicht in den üblichen Kellern, sondern im Hohen Haus“, kritisierte er einmal mehr. Schon am Vormittag hatten rund 30 Vertreter von Sozialistischer Jugend Österreich (SJÖ) und Verband Sozialistischer Studentinnen (VSStÖ) Rosenkranz per Transparent und Redebeiträgen zum Rücktritt aufgefordert.Symposium seit 2010 im ParlamentDer großdeutsche Politiker Franz Dinghofer (1873-1956) war von 1907 bis 1918 Linzer Bürgermeister, später war er Vizekanzler, Dritter Nationalratspräsident und bis 1938 Präsident des Obersten Gerichtshofs. Laut Auskunft des Bundesarchivs in Berlin war Dinghofer NSDAP-Mitglied. Er habe sich 1940 um die Aufnahme in die NSDAP bemüht, diese sei ihm bereits nach zweieinhalb Monaten gewährt worden. In der Nachkriegszeit wurde er einfaches Mitglied des VdU, der Vorgängerorganisation der FPÖ.Das nach Dinghofer benannte Symposium wird von der FPÖ seit 2010 im Parlament und im vom Parlament genutzten Palais Epstein veranstaltet, um der Gründung der Ersten Republik zu gedenken. Proteste gegen die Veranstaltung gibt es nicht zum ersten Mal, 2018 wurde sie nach Kritik an der geplanten Verleihung eines Medienpreises für die Herausgeber des rechten Blatts „Zur Zeit“ abgesagt.