Heute Abend: Koalitionsausschuss – Die Reserven sind aufgebraucht

Wait 5 sec.

von Egon W. KreutzerPaD 44 /2015 – Hier auch als PDF verfügbar: Pad442025 Heute Abend KoalitionsausschussWas im Vorfeld so zu hören ist, soll es statt einer festen Tagesordnung nur eine Negativliste jener Themen geben, über die man nicht sprechen will, um überhaupt noch miteinander sprechen zu können, nämlich das Verbrenner-Verbot, die Migration und das Bürgergeld.Diese Demonstration der Einigkeit darüber, was man schon heute als in dieser Legislaturperiode für nicht mehr lösbar erachtet, soll wohl als Signal an die Bürger verstanden werden, dass man sich trotz aller Querelen immer noch gemeinsam an einen Tisch zu setzen vermag. Vermutlich wird Fingerfood gereicht werden, nachdem die Personenschützer beider Parteien sich für den Verzicht auf Messer und Gabeln ausgesprochen hatten.Worüber will man sich also austauschen, worauf will man sich verständigen, woran will man sich messen lassen?Auch dazu sind inzwischen Gerüchte nach außen gedrungen. Um Wirtschaft und Arbeit soll es gehen und um die Verbesserung der Investitionsbedingungen im ehedem besten Deutschland aller Zeiten.Vor langer Zeit wäre das ein schönes Thema für eine Koalition aus Union und SPD gewesen. Auf der einen Seite die Vertreter der Wirtschaft, auf der anderen Seite die Vertreter der Arbeiter, die sich gemeinsam darüber austauschen, was der Wirtschaft zugestanden werden muss, damit sie Arbeitsplätze schafft, und was den Arbeitern zugestanden werden muss, damit sie diese Arbeitsplätze gerne fleißig und gewissenhaft ausfüllen.Damals wusste man noch, was die Wirtschaft kann und will, nämlich Arbeit und Ressourcen so zu organisieren, dass das eingesetzte Kapital einen Gewinn abwirft. Man wusste auch noch, was die Arbeiter wollen, nämlich ihr Wissen und Können einzusetzen, um am Erfolg der Wirtschaft teilzuhaben und davon gut leben zu können.Gut, das ist verschüttete Milch, und der soll man nicht nachweinen. Versucht man heute herauszufinden, wie die Koalitionäre auf Wirtschaft und Arbeit blicken, dann sind sich Rot und Schwarz einig darin, dass Wirtschaft und Arbeiter dazu da sind, das 1,5 Grad-Ziel zu erreichen und Deutschland bis 2045 klimaneutral zu machen. Wirtschaft und Arbeit müssen folglich mit dirigistischen Mitteln dazu gebracht werden, weiterhin zu funktionieren, obwohl die Wirtschaft keine Gewinne mehr erwartet und die Arbeiter keine allzu große Motivation aufbringen, die ausbleibenden Gewinne durch Lohnverzicht zu kompensieren.Da ist den Repräsentanten des Staates nichts anderes mehr eingefallen, als der Wirtschaft mit Abermilliarden an Subventionen die Gewinne und den Arbeitern mit dem Mindestlohn die Existenz zu sichern.Wo aber die Wirtschaft sich an Subventionen laben kann, fällt die Arbeit als Produktionsfaktor ganz schnell hinten runter und der Arbeiter ins Bürgergeld. Dort angekommen reiben sich viele verwundert die Augen und fragen sich, warum sie überhaupt einmal gearbeitet haben, wenn ihnen doch dabei alles vom Lohn abgezwackt wurde, was ihnen der Staat jetzt zuteilt, ohne dass sie dafür noch den Buckel krumm oder die Hände schmutzig machen müssen.Natürlich ist das nicht lange gutgegangen. Wo das Geld als Subvention an die Wirtschaft fließt, fehlt es dem Staat bei den Investitionen. Da hat man also von den Reserven gezehrt, was ganz gut gelungen ist, doch als Kanzler Merz dieser Tage feststellte, die Reserven seien nun aufgezehrt, war dies eine arg verspätete Erkenntnis, denn es waren ja nicht nur die Reserven verschwunden, daneben hatte sich ein Gebirge aus Schulden aufgetürmt, von denen jeder wissen kann, der es wissen will, dass die nie mehr getilgt werden können.Die Lösung, einfach noch mehr Schulden zu machen und gleichzeitig Steuern, Beiträge und Abgaben zu erhöhen, ja sogar die Energie noch einmal extra zu verteuern und aus den erhöhten Steuern und Abgaben und Beiträgen weiterhin die Wirtschaft mit Subventionen am grünen Leben zu halten, auf dass grüner Stahl produziert werde, sowie grünes Fleisch, grüner Zement, grünes Papier und grünes Glas, ja womöglich sogar grüne Kartoffeln, die ja bekanntlich hochgiftig sind, wobei gleichzeitig Bürgergeld und Ukrainehilfe, Panzer, Kampfflugzeuge, Bunker und kriegstüchtige Brücken aus den Schuldentöpfen finanziert werden, hat sich zum volkswirtschaftlichen Ebenbild des beliebten Jenga-Turms entwickelt.Sie kennen das: Ein Turm aus kleinen Holzstäbchen, bei dem die Spieler nacheinander von unten her ein Stäbchen nach dem anderen aus dem Turm ziehen müssen, um es oben wieder draufzubauen. Es geht lange gut. Der Turm wächst, wie das deutsche BIP, erst einmal munter in die Höhe. Doch dann kommt die Phase, in der jeder Spieler lange überlegen muss, wo denn unten noch ein Stäbchen weggenommen werden kann, wie es auch immer schwieriger wird,  oben noch ein Stäbchen draufzulegen. Von da an dauert das Spiel nicht mehr lange.Das ist – in die Realität übertragen – der Augenblick, in dem heute der Koalitionsauschuss tagen wird, um gemeinsam zu entscheiden, wie das Spiel weitergehen soll. Was kann man unten noch wegnehmen? Wie kann man oben noch etwas drauflegen?Der Spielraum ist begrenzt. Die Mark abwerten, um den Export wieder anzukurbeln, das geht nicht mehr. Die Mark ist weg. Teure Gesetze, die keinen Nutzen bringen, einfach streichen, das geht nicht mehr, denn der allergrößte Teil davon ist europäisches Recht, das vom Bundestag nicht einfach außer Kraft gesetzt werden kann. Der deutschen Wirtschaft da unter die Arme greifen, wo es notwendig und sinnvoll wäre, das geht nicht mehr,  weil die EU darin unzulässige Beihilfen entdecken würde. Wir dürfen ja nicht einmal mehr alle Gaskraftwerke bezuschussen, die wir brauchen, um Dunkelflauten zu überstehen, sondern nur einen Teil davon, was bedeutet, dass wir es auch ganz sein lassen könnten. Wieder Pipelinegas aus Russland beziehen? Ein schöner Traum, den uns die Freunde, von denen wir umgeben sind, noch nicht einmal träumen lassen wollen. Zollverhandlungen mit den USA? Geht nicht mehr. Dafür ist die EU zuständig, die nicht dafür bekannt ist, deutsche Interessen vorrangig zu vertreten.Da sitzen und stehen wir also um unseren Jenga-Turm herum, können nicht einmal verhindern, dass Trump  immer wieder am Tisch rüttelt, um zu zeigen, dass er unseren Turm auch sofort zum Einsturz bringen könnte, und sollen unter allen von außen aufgedrückten Restriktionen noch einmal Investitionsfreude auslösen, Wirtschaftwachstum aus dem Hut zaubern und Vollbeschäftigung noch dazu.Gulliver im Land der Zwerge.Nach allerei Anfeindungen und Demütigungen, soll Gulliver, der sich dennoch hilfsbereit und nützlich gezeigt hat, geblendet werden, um ihn dann allmählich verhungern zu lasssen. Die Planungen der Liliputaner gehen soweit, dass sein Skelett als Monument für die Nachwelt ausgestellt werden soll.Gulliver flieht nach Blefusco, zu den Feinden Liliputs, die er gerade erst zu besiegen geholfen hatte, und findet dort ein Boot, mit dem es ihm gelingt, der Zwergenwelt und der eigenen Verzwergung endgültig zu entkommen.Dies ist nur insofern eine Analogie, als es zeigt, wie schwierig es selbst für einen erwachsenen, selbstbewussten Mann sein kann, gegen eine Allianz von total verrückten Zwergen anzukommen, die schon deshalb in den Krieg ziehen, weil sie sich nicht einigen können, ob es erlaubt sein soll, Eier, statt, wie gesetzlich vorgeschrieben, von der spitzen Seite, auch von der breiten Seite her zu öffnen.Prognose für heute Abend:Die Parteispitzen werden sich darauf einigen, alles tun zu wollen, was Deutschlands Wirtschaft stärkt, soweit es sich nicht aus Gründen der Menschenwürde, der Klimaziele, der transatlantischen Freundschaft, des Zusammehalts der EU, der Minderheitenrechte, des Kampfes gegen rechts und spezieller parteitaktischer Überlegungen von selbst verbietet.Man werde dabei auch nicht davor zurückscheuen, gemeinsam mit erstklassigen Gläubigern die Mutter aller Wummse zu erschaffen und noch einmal richtig viel Geld in die Hand zu nehmen.