Machtkampf in Peking: Xi Jinpings Autorität unter Druck

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In der Volksrepublik China brodelt es hinter den Kulissen der Macht. Xi Jinping, seit 2012 Generalsekretär der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) und Vorsitzender der Zentralen Militärkommission (ZMK), galt lange als unangefochtener „Überragender Führer“. Doch jüngste Entwicklungen deuten auf einen Machtkampf hin, der seine Autorität bedroht. Interne Säuberungen im Militär, die Wiederbelebung der Kommunistischen Jugendliga und subtile symbolische Gesten wie die Umbenennung einer Gedenkstätte für Xis Vater signalisieren eine mögliche Schwächung seiner Position. Mit dem bevorstehenden Tag der Armee am 1. August 2025 und Spekulationen über einen Rücktritt bei der nächsten Plenarsitzung steht China an einem Scheideweg. Dieser Artikel beleuchtet die Dynamiken dieses Machtkampfes und seine potenziellen Folgen für das Land und die Welt.Hintergrund: Xis Machtkonsolidierung und ihre GrenzenSeit seinem Amtsantritt 2012 hat Xi Jinping die Macht in der KPCh und im Staat zentralisiert wie kein Führer seit Mao Zedong. Durch die Abschaffung der Amtszeitbegrenzung für das Präsidium 2018, die Einführung der „Xi-Jinping-Gedanken“ in die Verfassung und eine umfassende Antikorruptionskampagne, die über 1,5 Millionen Staatsbedienstete und 440 Spitzenbeamte traf, festigte er seine Position. Doch diese Kampagne, die oft als Mittel zur Beseitigung politischer Gegner diente, hat auch Spannungen geschaffen. Die extreme Zentralisierung der Entscheidungsgewalt in der ZMK, die Xi als Vorsitzender dominiert, hat die Autonomie der Volksbefreiungsarmee (PLA) eingeschränkt und interne Unzufriedenheit geschürt.Die PLA, das bewaffnete Organ der KPCh, ist in Chinas politischem System entscheidend. Das Prinzip „die Partei führt die Waffe“ unterstreicht die Notwendigkeit absoluter Loyalität des Militärs. Doch Berichte über Säuberungen von über 100 Generälen und tausenden Offizieren seit 2012 zeigen, dass Xi die Kontrolle über die PLA als fragil empfindet. Jüngste Ereignisse, insbesondere die Säuberung von Xi-loyalen Militärführern wie Vizeadmiral Li Hanjun und General He Weidong, nähren Spekulationen über einen Machtkampf, der von General Zhang Youxia, dem stellvertretenden Vorsitzenden der ZMK, angeführt wird.General Zhang Youxia: Ein Veteran mit EinflussZhang Youxia, ein erfahrener General mit Kampferfahrung im chinesisch-vietnamesischen Krieg von 1979, ist eine Schlüsselfigur in diesem Szenario. Als stellvertretender Vorsitzender der ZMK ist er tief in das operative Geschäft des Militärs eingebunden, während Xi als Zivilist auf seine Loyalität angewiesen ist. Experten wie Tang Jingyuan, ein in den USA ansässiger China-Analyst, behaupten, dass Zhang die jüngsten Säuberungen möglicherweise nicht im Auftrag Xis, sondern gegen ihn orchestriert. Die Tatsache, dass viele der entlassenen Offiziere Xi-treue Kader waren, während ihre Nachfolger aus Zhangs Netzwerk stammen, deutet auf eine gezielte Schwächung von Xis Einfluss hin.Zhangs Einfluss wird durch die personelle Krise in der ZMK verstärkt: Von ursprünglich sieben Mitgliedern sind nur noch vier übrig, was ein Machtvakuum schafft. Der bevorstehende Tag der Armee am 1. August 2025, an dem traditionell Beförderungen verkündet werden, wird als Lackmustest für Xis Kontrolle gelten. Sollten die neu beförderten Generäle nicht Xi-loyal sein, könnte dies ein klares Zeichen für Zhangs wachsenden Einfluss sein.Symbolische und politische Signale der SchwächungEin weiteres Indiz für Xis schwindende Autorität ist die diskrete Umbenennung einer Gedenkstätte, die ursprünglich seinen Vater Xi Zhongxun, einen einflussreichen Politiker der ersten Führungsgeneration, ehren sollte. Die Abwesenheit hochrangiger Beamter bei der Einweihung dieser Stätte wird als bewusste Missachtung interpretiert. In einem System, in dem Symbolik eine zentrale Rolle spielt, ist dies ein schwerwiegender Affront. Es deutet darauf hin, dass Xi nicht mehr die unangefochtene Kontrolle über die Parteielite hat.Parallel dazu erlebt die Kommunistische Jugendliga, eine einst von Xi marginalisierte Fraktion, die mit der reformorientierten Hu-Jintao-Ära verbunden ist, eine unerwartete Wiederbelebung. Die Jugendliga, die für sozioökonomische Reformen und kollektive Führung steht, war unter Xi systematisch entmachtet worden. Prominente Mitglieder wie der ehemalige Premierminister Li Keqiang wurden an den Rand gedrängt, und Hu Jintao selbst wurde 2022 öffentlich aus dem Parteikongress eskortiert. Die Rückkehr von Figuren wie Wang Yang oder Hu Chunhua in einflussreiche Positionen signalisiert, dass diese Fraktion versucht, Xis autoritären Kurs herauszufordern.Wirtschaftliche und außenpolitische HerausforderungenDie interne Krise fällt mit einer angespannten wirtschaftlichen Lage zusammen. Chinas Wirtschaftswachstum hat sich verlangsamt, und die Null-COVID-Politik sowie die ideologische Fixierung auf Staatskapitalismus haben die Privatwirtschaft unter Druck gesetzt. Die Unzufriedenheit wächst, wie die Proteste gegen die Null-COVID-Politik im November 2022 zeigten. Kritiker werfen Xi vor, pragmatische Reformen zugunsten ideologischer Kontrolle aufgegeben zu haben, was die wirtschaftliche Stabilität gefährdet.Außenpolitisch steht Xi vor Herausforderungen durch die angespannten Beziehungen zu den USA und die wachsende Sorge vor einer Eskalation um Taiwan. Die PLA, deren Budget unter Xi auf 246 Milliarden US-Dollar im Jahr 2025 gestiegen ist, spielt eine zentrale Rolle in seiner Vision eines starken China. Doch Gerüchte, dass hochrangige Militärs die Bereitschaft der Marine für eine Taiwan-Invasion angezweifelt haben, könnten Xi weiter schwächen.Der Tag der Armee und die Plenarsitzung: Wendepunkte?Der 1. August 2025, der Tag der Armee, wird ein entscheidender Moment sein. Traditionell werden an diesem Datum neue Generäle befördert, und die Auswahl wird genau beobachtet werden. Sollten Offiziere aus Zhang Youxias Lager dominieren, wäre dies ein klarer Hinweis auf einen Machtverlust Xis. Ebenso könnte die nächste Plenarsitzung des Zentralkomitees, deren Datum noch nicht feststeht, Spekulationen über Xis Rücktritt anheizen. Berichte deuten auf zwei Szenarien hin: Eine „sanfte“ Lösung, bei der Xi einige Titel behalten könnte, oder ein harter Bruch, möglicherweise durch einen von Zhang unterstützten Militärputsch.Die Geheimhaltung des chinesischen Systems erschwert genaue Vorhersagen, doch die Häufung von Säuberungen, die Wiederbelebung der Jugendliga und symbolische Gesten wie die Umbenennung der Gedenkstätte deuten auf eine ernsthafte Krise hin. Xi selbst hat wiederholt das Schicksal der Sowjetunion als Warnung vor mangelnder Militärloyalität zitiert, was seine Besorgnis über die PLA unterstreicht.Folgen für China und die WeltEin Machtkampf in China hätte weitreichende Konsequenzen. Innerhalb Chinas könnte ein geschwächter Xi oder sein Rücktritt zu politischer Instabilität führen, insbesondere wenn rivalisierende Fraktionen wie die Jugendliga oder Zhangs Militärnetzwerk die Kontrolle übernehmen. Eine Rückkehr zu kollektiver Führung, wie sie die Jugendliga befürwortet, könnte Reformen begünstigen, würde aber auch die Gefahr von Machtkämpfen erhöhen.International könnte ein instabiles China die Spannungen um Taiwan eskalieren lassen, da ein in die Enge getriebener Xi zu aggressiven Maßnahmen greifen könnte, um seine Autorität zu behaupten. Gleichzeitig könnte ein Machtwechsel Chancen für eine Entspannung der Handelskonflikte mit dem Westen bieten, falls ein pragmatischerer Führer an die Macht kommt.