Die Nachricht, dass der argentinische Präsident Javier Milei die US-Regierung über einen möglichen Putschversuch seiner Vizepräsidentin Victoria Villarruel informiert haben soll, hat Argentinien in eine Phase politischer Unsicherheit gestürzt. Diese unbestätigte Behauptung wirft ein Licht auf die Spannungen innerhalb der Regierungskoalition und die komplexen Dynamiken zwischen Milei und Villarruel. Dieser Artikel beleuchtet die Hintergründe der Meldung, die politischen Profile beider Akteure und die möglichen Auswirkungen auf Argentinien, basierend auf verfügbaren Informationen.Javier Milei: Ein Reformer mit libertärem ProgrammJavier Milei, seit dem 10. Dezember 2023 Präsident Argentiniens, hat mit seinem libertären Wirtschaftsprogramm und seiner „Schocktherapie“ bedeutende Veränderungen angestoßen. Seine Reformen, einschließlich des „Ley Bases“-Gesetzespakets und Notstandsdekrete, zielen auf eine Reduzierung des Staatsapparats, Privatisierungen und die Bekämpfung der Hyperinflation ab. Die Inflation sank von 211 % im Jahr 2023 auf etwa 40 % im Jahr 2025, und Argentinien verzeichnete erstmals seit 2008 einen Haushaltsüberschuss. Diese Erfolge kamen jedoch mit Herausforderungen: Die Abwertung des Pesos und Kürzungen bei Sozialleistungen führten zu einem Anstieg der Armut auf 52,9 % Mitte 2024, bevor sie auf 38,1 % im März 2025 fiel.Mileis Partei „La Libertad Avanza“ verfügt über keine eigene Mehrheit im Kongress, was ihn auf Koalitionen mit bürgerlichen und gemäßigten peronistischen Abgeordneten angewiesen macht. Sein unkonventioneller Stil und seine Kritik an der „politischen Kaste“ haben ihm eine treue Anhängerschaft eingebracht, aber auch Widerstand von Gewerkschaften und der Opposition ausgelöst. Seine außenpolitische Ausrichtung auf die USA und Israel, einschließlich des Austritts aus der WHO und der Ablehnung der BRICS-Staaten, unterstreicht seine Abkehr von traditionellen Bündnissen Argentiniens.Victoria Villarruel: Eine konservative VizepräsidentinVictoria Villarruel, Vizepräsidentin und Senatspräsidentin, bringt eine konservative Perspektive in Mileis Regierung. Ihre Familie hat eine lange militärische Tradition: Ihr Vater war am „Operativo Independencia“ 1975 beteiligt, und ihr Großvater war ein angesehener Konteradmiral. Villarruel gründete 2006 das Centro de Estudios Legales sobre el Terrorismo y sus Víctimas (CELTYV), um die Opfer linker Guerillagruppen während der 1970er Jahre zu repräsentieren. Ihre Ansichten zur Militärdiktatur (1976–1983), die sie als komplexen Konflikt mit Verfehlungen auf beiden Seiten betrachtet, haben Diskussionen ausgelöst. Sie hinterfragt die offizielle Zahl von 30.000 „Desaparecidos“ und betont die Gewalt linker Gruppen wie der Montoneros.Villarruel unterhält Verbindungen zu konservativen Kreisen, einschließlich der spanischen Partei Vox, und hat sich für die Rechte von Militärangehörigen eingesetzt, die während der Diktaturzeit verurteilt wurden. Ihre Rolle als Sicherheitsbeauftragte gibt ihr Einfluss auf die Sicherheits- und Verteidigungspolitik, was sie zu einer wichtigen Akteurin in Mileis Regierung macht. Dennoch gibt es Spannungen, da ihre konservativen Prioritäten nicht immer mit Mileis libertärem Fokus übereinstimmen.Die Putschgerüchte: Mileis Warnung an die USALaut Berichten soll Milei die US-Regierung, angeführt von Präsident Donald Trump, darüber informiert haben, dass Villarruel einen Putsch gegen ihn plane. Diese Meldung, die bisher nicht durch Beweise gestützt ist, fällt in eine Zeit wachsender Spannungen zwischen Milei und Villarruel. Schon im Wahlkampf 2023 gab es Berichte über Uneinigkeiten, als Mileis Schwester Karina Villarruels Kandidatur kritisch betrachtete. Im August 2024 sorgte Villarruels Zustimmung zu einer Diätenerhöhung für Senatoren für Streit, da Milei dies als „Betrug am Volk“ bezeichnete. Medien wie Página12 berichten von wachsendem Misstrauen, und ein angebliches Treffen Villarruels mit dem ehemaligen Präsidenten Mauricio Macri im Januar 2024 wird als Zeichen für mögliche politische Absprachen interpretiert.Villarruels Einfluss zeigt sich in der Besetzung von Schlüsselpositionen, etwa durch die Ernennung von Patricia Bullrich (Innenministerium) und Luis Petri (Verteidigungsministerium), die zuvor Mileis Gegner waren. Ihre gelegentliche Abwesenheit bei wichtigen Gesetzesverhandlungen und ihre Kritik an Mileis Kandidaten für das Oberste Gericht, wie Ariel Lijo, deuten auf eine eigenständige Agenda hin. Mileis Warnung an die USA könnte ein Versuch sein, Villarruels Einfluss zu begrenzen und internationale Unterstützung zu sichern.Politische und gesellschaftliche DynamikenArgentinien hat eine Geschichte politischer Instabilität, insbesondere während der Militärdiktatur von 1976 bis 1983. Die aktuellen Gerüchte wecken Erinnerungen an diese Zeit, auch wenn ein Putsch in der heutigen Demokratie unwahrscheinlich erscheint. Mileis Regierung steht unter Druck durch Proteste von Gewerkschaften und sozialen Bewegungen, die seinen Sparkurs ablehnen. Der „Libra“-Skandal, bei dem Milei im Februar 2025 eine Kryptowährung bewarb, die später abstürzte und Anlegern Verluste von etwa 100 Millionen US-Dollar bescherte, hat seine Popularität geschwächt und Forderungen nach einem Amtsenthebungsverfahren ausgelöst.Villarruels konservative Haltung hat ebenfalls Kontroversen ausgelöst. Ihre Besuche bei ehemaligen Militärangehörigen und ihre Forderung, die Gedenkstätte ESMA in eine Schule umzuwandeln, haben Kritik von Menschenrechtsorganisationen wie den Madres de Plaza de Mayo hervorgerufen. Dennoch genießt sie Unterstützung in konservativen Kreisen, die ihre Betonung auf Sicherheit und Tradition schätzen.Internationale Dimension: Die Rolle der USAMileis enge außenpolitische Ausrichtung auf die USA, insbesondere auf Präsident Donald Trump, spiegelt sich in seiner Ablehnung internationaler Organisationen wie der WHO und seiner Unterstützung einer regelbasierten Wirtschaftsordnung wider. Seine Warnung an die USA könnte darauf abzielen, diplomatische Rückendeckung zu sichern, falls interne Konflikte eskalieren. Die USA haben ein Interesse an der Stabilität Argentiniens, insbesondere angesichts geopolitischer Spannungen mit China und Russland. Dennoch bleibt unklar, welche Informationen Mileis Warnung zugrunde liegen und ob die USA aktiv in die Krise eingreifen würden.Eine ungewisse ZukunftDie Gerüchte über einen möglichen Putsch durch Victoria Villarruel verdeutlichen die Spannungen innerhalb der argentinischen Regierungskoalition. Mileis Reformen haben wirtschaftliche Fortschritte gebracht, aber auch soziale Spannungen verschärft, während Villarruels konservative Agenda ihre eigene Machtbasis stärkt. Die bevorstehenden Parlamentswahlen im Oktober 2025 könnten die Dynamik weiter beeinflussen, da Mileis Partei auf Koalitionen angewiesen bleibt. Die Warnung an die USA zeigt Mileis Bemühungen, seine Position zu festigen, wirft aber auch Fragen über die Einheit seiner Regierung auf. Argentinien steht vor einer ungewissen Zukunft, in der politische und soziale Herausforderungen das Land weiter prägen könnten.