10.09.2025 16.05Online seit heute, 16.05 UhrEin israelischer Scharfschütze hat in einem Videointerview eingeräumt, unbewaffnete Zivilisten in Gaza getötet zu haben. Ein Verband mehrerer Medien wie „Spiegel“, „Guardian“ und ZDF hat die Angaben durch Recherchen bestätigt und konnte die mutmaßlichen Opfer identifizieren.Laut den gestern veröffentlichten Berichten wurde ein Teenager erschossen, als er seinen zuvor getroffenen Bruder bergen wollte. Wenig später wurde auch der Vater der beiden getötet.Interviewter war nicht informiertDas Interview war im vergangenen Oktober auf X veröffentlicht worden, gegen den Willen des Interviewpartners „Sergeant D.“ Ein junger Israeli hatte den gebürtigen US-Amerikaner unter Vorspiegelung falscher Tatsachen – der Sniper sollte seine Heldentaten anonym schildern – interviewt. Zudem entstanden die belastenden Aussagen in einer Interviewpause.Der palästinensische Journalist Junis Tirawi veröffentliche das Gespräch trotzdem und berief sich auf das öffentliche Interesse an den Schilderungen. Reporter von „Spiegel“, ZDF, „Guardian“, der belgischen Zeitung „De Tijd“ sowie des Netzwerks „Arab Reporters for Investigative Journalism“ konnten das geschilderte Vorgehen in der veröffentlichten Recherche nachzeichnen.Duo soll mehr als 100 Menschen getötet habenDie beiden deutschen Medien beauftragten zunächst das Münchner Fraunhofer-Institut damit, die Authentizität des Videointerviews mit dem Soldaten zu überprüfen. Die Datenfachleute fanden in dem 160 Minuten langen Material keine Anzeichen, die „auf eine inhaltliche Veränderung hindeuten“. „Sergeant D.“ brüstete sich in dem Interview damit, mit seinem aus München stammenden Partner Daniel G. mindestens 100 bis 120 Menschen in Gaza umgebracht zu haben.Die beiden Scharfschützen hatten im November 2023 in einem Hochhaus im Viertel Tal al-Hawa in Gaza-Stadt Position bezogen. Ein damals entstandener Videoclip zeigt einen regungslosen Mann, über den sich ein anderer Mann beugt, woraufhin ein Schuss fällt und der zweite Mann nach hinten fällt, am Kopf blutend.Im Videointerview sagt „Sergeant D.“ es habe sich um seine „erste Tötung“ gehandelt. „Er war nicht bewaffnet, aber er befand sich in einer Kampfzone. Und er hatte keine guten Absichten.“ Er tue sich schwer zu verstehen, warum der zweite Mann das getan habe. „Was ist denn so wichtig an einer Leiche?“Israelische Armee wortkargDie beiden Scharfschützen wollten sich in den monatelangen Recherchen nicht äußern, auch von der israelischen Armee war auf Dutzende Anfragen keine substanzielle Stellungnahme zu den Vorwürfen zu erhalten.Ein Armeesprecher sagte dem „Guardian“ lediglich, dass die israelischen Kräfte „unter strikter Einhaltung der Einsatzregeln und des Völkerrechts agieren und die möglichen Vorkehrungen treffen, um Schaden an Zivilisten zu mildern“.Dem „Spiegel“ teilte die Armee im April mit, man untersuche „Ereignisse dieser Art“ und gehe „mit Befehls- und Disziplinarmaßnahmen dagegen vor“. Beim Verdacht einer Straftat werde eine Untersuchung durch die Militärpolizei eingeleitet. Ob das in diesem Fall erfolgte, ließ das Militär auf wiederholte Nachfrage offen.