Plötzlich und unerwartet ist ein Partner, Freund oder Kollege nicht mehr unter uns. Uns durchfährt ein Schauer: Wir fanden nie Zeit oder wir hatten es nicht gewagt, uns bei ihm zu bedanken. Wir haben versäumt, ihm Danke zu sagen, und entschuldigen uns damit, dass wir zu beschäftigt waren. Auch ist unser Augenmerk eher darauf gerichtet, zu kritisieren als zu danken.Menschen, die in der Öffentlichkeit stehen und sich schriftlich äußern, sind die spitzen Pfeile der Kritik gewöhnt. Sie warten aber insgeheim auch auf kluge Zustimmung, die schon einem kleinen Dank gleichkommt. „Und schenkt viel mehr Blumen während des Lebens, denn auf den Gräbern sind sie vergebens“, riet uns schon Peter Rosegger. Und doch nehmen wir das Gute, das uns widerfährt, leichtfertig als selbstverständlich an. Der Gedanke, uns zu bedanken, kommt uns oft zu spät. Und wir verpassen dabei etwas Wichtiges: Heißt es nicht „… liebe deinen Nächsten wie dich selbst“? Das „wie dich selbst“ gerät in den Hintergrund. Ja, den Nächsten zu lieben gelingt uns einfacher, wir lenken unsere Aufmerksamkeit auf andere statt auf uns selbst. Wobei wir selbst genauso hungrig nach Dank und Anerkennung sind wie jeder andere auch. „Undank ist der Welten Lohn“, heißt es. Und so warten wir meist vergeblich und vergessen dabei sogar, unsere eigenen Rosen zu gießen. Eigenlob und Eigendank sind überlebenswichtig.Uns Kindern wurde 1956 beigebracht, „Vergelt’s Gott“ zu sagen; das Wort „Danke“ lernten wir erst in der Schule. Und in einem Gebet für die Eltern heißt es: „Vergilt, o Herr, was ich nicht kann – das Gute, das sie mir getan haben.“ Das alte Wort „vergelten“ bedeutet erwidern, bezahlen. Weil uns das Danken offenbar so schwer über die Lippen geht, verlagern wir bereits bei Kindern die Aufgabe des Dankens an eine außerhalb von uns liegende höhere Macht. Wir delegieren dieses Danken, wenn wir unser Empfinden, einen Dank schuldig zu sein, in Worte fassen sollen. Unbezahlte emotionale Schulden schweben deshalb im Raum wie dunkle Wolken und beeinträchtigen uns selbst. Wir werden daher nicht richtig wahrgenommen.Die Überschrift „… und tu dir selbst Gutes“ ist daher kein Schmuck, sie ist eine leise Anleitung. Wer sich selbst bedankt, befördert sich selbst – nicht nur nach oben, sondern vor allem nach innen. Dank ordnet den Blick und sammelt die Aufmerksamkeit. Er beginnt dort, wo ein kleiner Augenblick nicht vorbeirauscht, sondern bewusst erlebt und gewürdigt wird. Erst dann hat ein „Ich danke Ihnen“ Gewicht, wenn es begründet wird. Probieren Sie es: Sagen Sie nicht einfach nur Danke, sondern sagen Sie „Ich danke Ihnen für …“ oder „weil …“. Die Begründung erst gibt Ihrer emotionalen Regung die erforderliche Glaubwürdigkeit und Bedeutung.Die Dank-SparkasseDanken bedeutet geben, jedoch nicht mit barer Münze, sondern mit einem wohlbedachten Wort. Dieses Wort sagt: Ich habe gesehen, was Sie für mich getan haben, und ich erkenne es an. Mein Dank stammt aus meiner inneren Schatzkammer, in der sinnbildlich „verbale Dankesmünzen“ liegen. Das Erstaunliche: Wer davon austeilt, verarmt nicht; der Vorrat wächst nach. Nach jedem ehrlich gesprochenen Dank stellt sich ein kleines Plus an Ruhe, Klarheit und Heiterkeit ein. Man erlebt sich nicht mehr nur als Nehmender, sondern als Reicher, als jemand, der etwas zu geben hat – und genau daraus erwächst die pure Lust, Gutes auszuteilen. Man gerät geradezu in Spendierlaune. Die Zinsen dieser Schatzkammer fallen beim Geben an, nicht beim Behalten.Was macht das „Danke-Denken“ mit uns?Damit dieses Geben echt bleibt, braucht es drei Punkte: zuerst das genaue Hinsehen, das den Moment aus dem Alltagsrauschen holt, dann das Würdigen, das prüft, ob Mühe im Spiel war, schließlich das detaillierte Benennen, das den Dank konkret macht. Ein Satz mit zwei Hälften genügt: wofür und mit welcher Wirkung. „Ich sehe, was Sie für mich getan haben; damit haben Sie mir sehr geholfen.“ Damit würdigen Sie die Mühe. Mehr braucht es nicht. Bloße „thank you“-Floskeln, die heute inflationär verstreut werden wie Vogelfutter, verraten inneren Mangel. Präzision im Danken zeigt unseren Reichtum und die Qualität unserer „Dankesmünzen“.Dank verändert das Miteinander.Mit Dank entsteht Vertrauen, sofort sinkt die Reibung, und wo Reibung sinkt, steigt Zusammenhalt – spürbar in Freundschaften, im kleinen Team ebenso wie in großen Organisationen. Es gibt Orte, an denen die Wirkung von Dank hör- und erlebbar wird. Gottesdienste enthalten Gesänge der Gläubigen, Dank wird mit voller Kehle zelebriert. Diese musikalische „Dank-Methode“ ist fest verankert, nicht als Zierde, sondern als Charakter bildende Übung. Sie richtet den Blick dorthin, wo unser Verstand nicht mehr alles erklären kann. Viele Stimmen singen gleichzeitig, die Gemeinschaft stärkt den Einzelnen, und der Einzelne stärkt die Gemeinschaft. „Großer Gott, wir loben dich“ ist Dank, der mit Inbrunst gerufen wird. Gleichzeitig spüren wir Entlastung, man legt die Sorgen für einen Moment zur Seite, in dem das Danken in den Mittelpunkt rückt. Das Gefühl, das wir als Dankende empfinden, wird zum Lohn.Zusammengefasst: Fluchen, Kritisieren und Danken ist im gleichen Augenblick nicht möglich. Bevor Negatives uns übermannt, nutzen wir ganz strategisch ein Dankgebet. Dies nimmt der Negativität die Luft zum Atmen. Kleine Dankgebete gespeichert zu haben und diese still wiederholen zu können, ist wie ein Mantra und eine Medizin, die sofort wirkt. Der Stress sinkt, wir werden nach kränkenden Vorfällen schnell wieder stabil.Danke für diesen Morgen, danke für diesen BlogDer Bogen reicht vom stillen Gebet bis in den digitalen Alltag. Leser nicken zuweilen still vor dem Bildschirm; ihnen fehlt oft nur noch der kleine Schritt vom Einverständnis zur geäußerten Anerkennung. Ein Knopfdruck kann Anerkennung signalisieren. Wirkliches Gewicht entsteht jedoch erst durch ein Wort. Ein kurzer, konkreter Satz als Kommentar, der Tat und Wirkung nennt, ist eine solche Dankesmünze. Er lässt den Autor gesehen sein und macht den Leser zum Mitwirkenden. Sichtbar ausgesprochene Anerkennung hellt das Klima auf, denn sie macht Mühe und Beitrag kenntlich.Dank macht gebefreudig, wir dürfen Gutes tunDank lässt uns wachsen und füllt die innere Schatzkammer im täglichen Gebrauch. Wir betanken gleichsam, während wir im Strom des Lebens dahingleiten. So werden wir als dankbare Wesen wahrgenommen; das hebt uns aus der trögen Masse hervor. Und selbst im Wort „Gedanken“ ist „Dank“ mit enthalten. Wenn das mal kein gutes Zeichen ist.