Marie Kießling stammt aus Lübeck, wo sie in einem atheistischen Umfeld aufgewachsen ist. Schon früh war sie auf der Suche nach etwas, das sie nicht richtig beschreiben konnte. Auf der Suche nach Gott. Als sie neun Jahre alt war, sagte sie schließlich zu ihren Eltern: „Ich möchte getauft werden. Jetzt.“ Eine Entscheidung zu treffen, verlangt Entschiedenheit.Gut zwei Jahrzehnte später hat Marie Kießling nach erfolgtem Studium der Religionspädagogik Anfang September ihre Aufgabe als Gemeindeassistentin in Bad Staffelstein angetreten. Die dreijährige Ausbildungszeit, an deren Ende die zweite Dienstprüfung steht, absolviert sie gemeinsam mit 15 weiteren jungen Leuten aus dem Erzbistum Bamberg sowie den Diözesen Speyer, Eichstätt und Würzburg. Die vier Bistümer der Metropolie Bamberg kooperieren bei dieser Ausbildung seit einiger Zeit.Jüngst trafen sich die angehenden Priester, Pastoralreferenten und Gemeindereferenten zu einer ersten Orientierungswoche im Bamberger Bistumshaus. Etliche weitere Wochen werden in den nächsten drei Jahren folgen. Dass künftig Geistliche und Laientheologen gemeinsam ausgebildet werden, schafft neue Synergien und Perspektiven – schließlich werden die Berufsgruppen später in den Seelsorgeteams der Pfarreien eng miteinander kooperieren.„Klassische Pfarrkarriere“Marie Kießling (30) ist mit ihrem eher kirchenfernen Werdegang unter den angehenden Seelsorgern eher die Ausnahme – die meisten von ihnen sind in und mit der Kirche aufgewachsen, haben eine „klassische Pfarrkarriere“ gemacht, wie etwa Simon Merkle (29) sagt, Pastoralassistent aus Würzburg. Wie viele andere hat die Eichstätter Gemeindeassistentin Johanna Speth (39) als Ministrantin angefangen und die christlichen Feste des Jahreskreises mitgefeiert, Gemeindeassistentin Katharina Elisabeth Heilscher (26) aus Speyer war in Pfarreigremien vertreten und hat ihr Freiwilliges Soziales Jahr bei einem kirchlichen Jugendverband gemacht.„Der Sonntagsgottesdienst gehörte selbstverständlich dazu“, sagt Pastoralassistentin Simone Batzdorf (25) aus Eichstätt, die bereits mit 13 Jahren beschloss, Theologie zu studieren, „um den Hunger zu stillen“, wie sie sagt. Tina Wimmelmann (25) aus dem Erzbistum Bamberg, ebenfalls Pastoralassistentin, wurde von ihrer Mutter schon zur Kinderkirche mitgenommen, arbeitete später im Pfarrgemeinderat mit. Vorbilder waren für sie die Pastoralreferentinnen, die in der Gemeinde tätig waren. Das schildert auch Stephanie Gans (27), Pastoralassistentin aus Speyer, die sich von einer Seelsorgerin einen Zettel mit dem Ausbildungsweg in die Hand drücken ließ.Für Manuel Scheler (30), Priesterkandidat aus Eichstätt, war sein Heimatpfarrer die prägende Gestalt, die ihn zu seinem Berufswunsch führte. Auch Ordensleute spielten bei der Orientierung der jungen Leute häufig eine Rolle. Priesterkandidat Matthias Breuer (24) aus Speyer, lernte dort „beeindruckende Persönlichkeiten“ kennen, auch der Eichstätter Priesterkandidat Alexander Kötterl fand gerade im Kontakt mit Ordensgemeinschaften Begleitung und Vorbilder.Einige der angehenden Seelsorger hatten sich beruflich erst anders orientiert, etwa Gemeindeassistentin Laura König (21) aus Würzburg, die zunächst eine Ausbildung zur Erzieherin machte, ehe ihr „Glaube gereift“ war, wie sie sagt, und sie ein Studium der Religionspädagogik aufnahm. Christopher Henk (30) studierte Kirchenmusik und war berufstätig, ehe er ins Priesterseminar in Eichstätt eintrat.Die gesellschaftliche Rolle von Glaube und Kirche nimmt in Deutschland seit geraumer Zeit ab, das ist für die jungen Leute, die sich für die Kirche als Berufsfeld entschieden haben, durchaus eine Herausforderung. „Die Suche nach Gott besteht weiter“, sagt Gemeindeassistentin Julia Lehr (32) aus Eichstätt zu dem Bedeutungsverlust. „Die Menschen stellen existenzielle Fragen, und wir haben die Chance, gute und gesunde Antworten zu geben.“ Auch Johannes Kronau, Pastoralassistent aus Würzburg, findet die kirchlichen Angebote sehr wertvoll, nicht nur für sich selbst. „Das gibt mir eine Tiefe, die sonst nicht zu finden ist“, sagt der 30-Jährige, der nach eigenem Bekunden in Kindheit und Jugend „keine ganz enge Beziehung“ zur Kirche hatte.Im Gegensatz dazu hat Maximilian Schmid (21) schon früh die Gemeinschaft der Gläubigen gespürt. Eine wichtige Herausforderung sieht der Bamberger Gemeindeassistent in der nach dem „Corona-Cut“ gespaltenen Gesellschaft. „Wir sollten die Gemeinschaft, die jetzt noch da ist, stärken“, sagt er. Für Simone Batzdorf ist es wichtig, dass es Räume gibt, „in denen der Glaube lebendig ist“. Diese Räume gelte es zu schaffen. Christopher Henk sagt, er arbeite nicht primär für die Kirche, sondern begreife sich als „Jünger Jesu“.Es gehe in der Seelsorge darum, der Kirche ein Gesicht zu geben, ergänzt Laura König. „Wir sind gesendet zu den Menschen“, formuliert es Marie Kießling. Menschen sollten in ihrer jeweiligen Situation angesprochen und begleitet werden – vor allem jene, die am Rande stehen, wie etwa Katharina Elisabeth Heilscher betont. Der Bereich Kinder und Jugend ist für eine ganze Reihe der künftigen Hauptamtlichen ein wichtiges Arbeitsfeld, „das ist die Zukunft der Kirche“, sagt etwa Marie Kießling. Für Johanna Speth, die selbst drei Kinder hat, ist die Seniorenseelsorge gleichwohl ein ebenso wichtiges Feld: „Es gibt sehr viele einsame ältere Menschen“, so ihre Erfahrung.Jene zu erreichen, die der Kirche eher fernstehen, ist für viele der jungen Leute ein wichtiger Punkt. Matthias Breuer hat unter diesen erstaunlich viel Wertschätzung und Interesse erlebt, will Gesprächspartner und Impulsgeber sein. Manuel Scheler sieht grundsätzlich den Auftrag Jesu, die positiven und froh machenden Botschaften der Kirche zu zeigen. Er zitiert den Primizspruch eines Priesterfreundes: „Meine Freude ist es, bei den Menschen zu sein“.Text: Bernd Buchner