Kinderschänder-Netzwerke: Werner Reichel über blinde Flecken von Politik und Medien

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Der Publizist und Verleger Mag. Werner Reichel (Frank&Frei) erläutert im Gespräch mit Florian Machl, warum er den Umgang von Politik und Leitmedien mit Kindesmissbrauch als ideologisch verzerrt bewertet. Ausgangspunkt ist sein Buch „Das Netzwerk der Kinderschänder – Politik, Macht und Pädophilie in Österreich“. Reichel kritisiert selektive Empörung, mangelnde Ermittlungsbereitschaft und verweist auf historische Fälle wie Kampusch sowie theoretische Vorläufer. Reichel schildert, dass ihn weniger einzelne Täter interessieren, sondern vor allem Reaktionen von Politik und Medien. Beim Fall Teichtmeister habe es „Samthandschuhe“ für den Täter und kaum Interesse an den Opfern gegeben. Aus Ermittlersicht sei eine vierstellige Zahl einschlägiger Dateien normalerweise ein „Jackpot“, um Netzwerke aufzudecken – in Österreich sei jedoch sofort ein Einzeltäter-Narrativ etabliert worden. Das Buch können Sie unter anderem hier bestellen: Verlag Frank&Frei.Direktlink zum YouTube-Interview.Er sieht ein wiederkehrendes Muster: Sobald Missbrauch das linke Lager betrifft, wird verharmlost, abgewiegelt und die Sache rasch zu den Akten gelegt. Reichel spricht von „vielen Opfern und wenigen Tätern“, im Sinne von Verschleierung der Hintermänner. Es gäbe durchgehend eine fehlende Bereitschaft, Mittäter, Tauschbörsen oder Dealernetze auszuleuchten.Historische Fälle und politische VerantwortungAls historisches Schlüsselbeispiel nennt Reichel die Wiener Kinderheime (u. a. Wilhelminenberg) von den 1950ern bis in die 1970er. Er erinnert an Zensurvorwürfe, geschlossene Akten und mutmaßliche politische Verantwortungsträger. Der Umgang mit Betroffenen – bis hin zu gedeckelten Entschädigungen – zeige bis heute eine „Empathielosigkeit“ gegenüber Kindern.Reichel erinnert auch an den Aktionskünstler Otto Mühl und dessen pädophile Kommune. Reichel kritisiert, dass Mühl nach seiner Haft in Teilen der Kulturszene wieder hofiert worden sei und dass Werke mit Abbildungen mutmaßlicher Opfer am Kunstmarkt Höchstpreise erzielten. Diese Beispiele dienten ihm als Belege dafür, dass kulturpolitische Milieus Missbrauchsfälle relativierten.Theorie- und IdeologiebezügeReichel verortet die geistigen Wurzeln in Strömungen seit den 1960ern: postmarxistische Theorien, die Frankfurter Schule, Wilhelm Reich sowie – international – Alfred Kinsey. Laut Reichel seien dort Fehlinterpretationen oder manipulierte Datengrundlagen in die „sexuelle Befreiung“ eingespeist worden, was später Frühsexualisierungskonzepte begünstigt habe. Er betont zugleich, Freud werde bei “freudo-marxistischen” Theorien missbräuchlich verkürzt rezipiert.Im deutschsprachigen Parteikontext verweist Reichel auf frühe Positionen in grünen Vorläuferorganisationen, die in den 1980ern Forderungen zur Entkriminalisierung von Sex mit Minderjährigen zuließen. Für Österreich habe er entsprechende Dokumente in Archiven gefunden; die öffentliche Aufarbeitung sei jedoch unvollständig geblieben. Gegenwart: Medien, Kirche, ParteienReichel unterscheidet zwischen kirchlichen Missbrauchsfällen – die medial groß aufgearbeitet worden seien und innerkirchliche Kommissionen nach sich gezogen hätten – und Fällen im linken Milieu, die seiner Ansicht nach unterbelichtet blieben. Seine These: Wo linke Milieus dominieren, fehle es an Kontrollinstanzen; dadurch entstünden strukturelle Blindstellen.Zur ÖVP konstatiert Reichel einen allgemeinen Opportunismus: Man lasse linke Agenden – bis hin zu schulischer Frühsexualisierung – gewähren, statt konservative Gegenakzente zu setzen. Insgesamt spreche er von einer „Einheitspartei“-Tendenz, in der echte Debatte und konsequenter Kinderschutz zu kurz kämen.Fallbezüge und NetzwerkanalysenBeim Fall Kampusch hebt Reichel Widersprüche und Indizien für mögliche Mittäterschaft hervor, einschließlich offener Fragen zu Ermittlungsführung, Zeugenaussagen und Todesfällen im Umfeld der Causa. Er betont, sein Buch verzichte auf Spekulationen und arbeite gerichts- und quellenfest; die Freimaurerei thematisiere er nur am Rande, da dazu keine belastbaren eigenen Recherchen vorlägen.Sein Fazit: Politischer und sexueller Kindesmissbrauch gingen häufig Hand in Hand, weil Kinder ideologisch als formbares Objekt betrachtet würden. Wer Kinderschutz ernst nehme, müsse Frühsexualisierungskonzepte, ideologische Scheuklappen und mediale Doppelstandards offen benennen – und unabhängige Ermittlungen prioritär auf Opferhilfe und Netzwerkaushebung ausrichten.Buch: Das Netzwerk der Kinderschänder – Politik, Macht und Pädophilie in ÖsterreichZur Person: Mag. Werner ReichelWerner Reichel (Jg. 1966) ist Autor, Publizist und Inhaber/Geschäftsführer des Wiener Verlags Frank & Frei. Neben zahlreichen sehr erfolgreichen eigenen Büchern fungierte er als (Mit-)Herausgeber, etwa bei „Genderismus(s). Der Masterplan für die geschlechtslose Gesellschaft“. HinweisDas Interview liefert Bewertungen und Thesen des Gesprächspartners. Konkrete Vorwürfe zu historischen Fällen werden als Zitate bzw. Einschätzungen wiedergegeben; eine juristische Bewertung einzelner Personen ist nicht Gegenstand dieses Artikels.