Experte Raulff: „Aufräumen bringt keinen Geschmack“

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24.12.2025 14.48Online seit heute, 14.48 UhrGeschmacksbildung erfolge über Lebenserfahrung – und das bedeute mehr das Anhäufen als das Wegräumen von Dingen. Daran erinnerte der deutsche Journalist und Historiker Ulrich Raulff in der heutigen Ö1-Sendung „Punkt eins“. Raulff, einst Feuilletonchef bei „FAZ“ und „Süddeutscher Zeitung“, legte gerade den Band „Wie es euch gefällt. Eine Geschichte des Geschmacks“ (Suhrkamp) vor.Kritisch nimmt Raulff den aktuellen Trend nach möglichst leeren Räumen beim Wohnen in den Blick, was er für ein „falsch verstandenes Bauhaus“ hält. Auch der Wunsch nach dauerndem Aufräumen bringe noch keine Geschmacksbildung, sondern verrate eher eine Furcht davor.Wohnen sei eines der letzten Geheimnisse der Gegenwart, so Raulff. Doch der Geschmack beim Wohnen entstehe gerade im Austausch mit den Dingen, die einem im Leben begegneten und die sich dann in der eigenen Wohnwelt verewigten. „Bauhaus ist eben nicht der Terror der Leere“, so der Historiker: „Wenn man sich die Wohnungen von großen Bauhäuslern anschaut, dann sind die voll mit Dingen aus deren Leben – aber eben inmitten einer klar gestalteten Raumwelt.“APA-Images / dpa Picture AlliancDass die Gegenwart möglichst leere Räume propagiere, hält der englische Landhaus-Fan Raulff für ein Zeichen der Zeit, in der es darum gehe, gegen das wahrgenommene Chaos der Welt möglichst klare und damit leere Räume als das Eigene zu zelebrieren. „Doch das Eigene entsteht erst durch die stoffliche Verfestigung der eigenen Lebenserfahrung, und das findet in der Sphäre des Wohnens statt“, so Raulff.