Einige Kita-Schutzkonzepte empfehlen Erziehern, die ihnen anvertrauten Kinder in bestimmten Situationen nicht zu beaufsichtigen. Die betreffenden Passagen befinden sich in den sexualpädagogischen Kapiteln, die in einigen Schutzkonzepten enthalten sind.Seit 2024 sind alle Kindertageseinrichtungen verpflichtet, ein Gewaltschutzkonzept vorzulegen – ohne ein solches Konzept wird keine Betriebserlaubnis erteilt. Ein sexualpädagogisches Konzept ist hingegen nicht vorgeschrieben. Dennoch integrieren viele Kitas freiwillig Empfehlungen zur „sexuellen Bildung“ in ihre Schutzkonzepte. Gerade diese Inhalte stehen jedoch in Teilen im gravierenden Widerspruch zum eigentlichen gesetzlichen Ziel, nämlich den Alltag in der Kita für Kinder sicherer zu machen. So enthalten viele dieser sexualpädagogischen Konzepte die Empfehlung, Kinder bereits im Kita-Alter zur „Entdeckung ihrer Sexualität“ anzuregen. Dazu sollen sogenannte Körpererkundungsspiele („Doktorspiele“) ermöglicht und Rückzugsräume für ungestörte „sexuelle“ Erfahrungen bereitgestellt werden. Erzieher werden angehalten, gemeinsam mit den Kindern Regeln einzuüben, was im Rahmen dieser Spiele erlaubt ist und was nicht.Körpererkundungsspiele in der KitaAus dem Schutzkonzept der Kita St. Pauls aus Buxtehude:Wir schaffen die Voraussetzungen dafür, dass die Kinder in unserer Kindertagesstätte Erfahrungen mit ihrem Körper und der eigenen Sexualität erleben und mit gleichaltrigen Kindern Erfahrungen sammeln dürfen. (…) Wir geben den Kindern die Möglichkeit, in einem geschützten Rahmen (beispielsweise auf der Hochebene) ihren Körper zu entdecken (allein oder zusammen mit einem zweiten Kind). (…) Wir üben das „NEIN“ und „STOP“ sagen und besprechen das Thema Grenzen. (…) Jedes Kind bestimmt, wann es aufhören möchte, mitzuspielen. (…) Wir besprechen mit den Kindern, dass sie sich nichts in Körperöffnungen (Scheide, Poloch, Ohren, Nase, Mund) stecken und keinem Kind bei einem Doktorspiel wehgetan wird.Kita aus Badbergen zu den Regeln der „Körpererkundungsspiele“:Die Kinder „untersuchen“ sich untereinander nur so viel, wie es sie für sie in Ordnung ist. Niemand steckt einem anderen Kind etwas in den Mund, in die Nase oder ins Ohr, in den Po, in die Scheide oder in den Penis. (…) Masturbation: Das Kind wird angehalten, sich ähnlich wie bei anderen intimen Handlungen, einen ruhigeren abgeschirmten Ort zu suchen.Verletzung der AufsichtspflichtDie Kinder werden bei ihren „Körpererkundungen“ also bewusst ohne Aufsicht gelassen, sei es in „Kuschelhöhlen“, auf uneinsehbaren „Hochebenen“ oder an anderen abgeschirmten Orten, allein oder zusammen mit einem weiteren Kind. Gerade im Hinblick auf den gesetzlichen Schutzauftrag und die damit untrennbar verbundene Aufsichtspflicht der Erzieher ist dies mehr als problematisch.Zusätzlich zur Verletzung der Aufsichtspflicht stellen die Regeln für die „Körpererkundungsspiele“, die zuvor besprochen werden sollen, eine völlig unangemessene Verantwortungsübertragung auf die Kinder dar. Gegenüber den Kindern wird der pädagogische Fokus gezielt auf ihre Geschlechtsteile gerichtet. Gerade die Betonung, nichts in „Po, Scheide oder Penis“ zu stecken, lenkt bei vielen Kindern die Neugier auf den Genitalbereich und bringt sie erst auf die Idee, sich in den extra angebotenen Rückzugsräumen auszuziehen, sich anzufassen und sich oder anderen Dinge in Körperöffnungen zu stecken.Bei den Kindern kommt als sexualpädagogische Botschaft an: „Wenn ihr euch wie beim Arzt untersuchen wollt, dann geht in den Kuschelraum, wo ihr allein seid. Aber steckt euch nichts in Mund, Nase, Ohr, Po, Scheide oder Penis.“ So widersetzt man sich als Erzieher nicht nur seiner Aufsichtspflicht, sondern stiftet, kaschiert als Verbot, die Kinder auch noch zu sexuellen Übergriffen an.Wenn es still wird in der KuscheleckeZudem gehen die meisten sexualpädagogischen Konzepte ausdrücklich davon aus, dass es unter Kindern zu sexuellen Übergriffen oder Grenzverletzungen kommt. Entsprechend enthalten die Konzepte konkrete Handlungsanweisungen: Grenzverletzungen sind, sobald sie bemerkt werden, zu unterbinden, meist ergänzt um ein festgelegtes Vorgehen im Umgang mit den betroffenen Kindern und deren Eltern. So empfiehlt etwa Jörg Maywald in seinem Buch Sexualpädagogik in der Kita zu einem Fallbeispiel:Sobald die pädagogischen Fachkräfte dieses Ungleichgewicht bemerken, sollten sie die Situation ansprechen und die Mädchen auffordern, sich für ihre Körpererkundungsspiele gleichaltrige Spielpartner:innen zu suchen.Es muss also erst zu Grenzverletzungen kommen, bevor die Erzieher überhaupt einschreiten und das vorher besprochene „Fehlverhalten“ unterbinden. Solchen Übergriffen unter Kindern, die seit der Einführung sexualpädagogischer Konzepte immer häufiger werden, wird bewusst eine falsche Annahme vorangestellt: Kinder seien dazu in der Lage, sich in einem abgeschirmten Bereich und in einer übergriffigen Situation mit einem überlegenen Kind sofort lautstark bemerkbar zu machen, bevor es zu traumatischen Erfahrungen oder Verletzungen kommt.Doch gerade wenn es still wird in der Kuschelecke, sollten Erzieher reagieren. Kleine Kinder, die noch kaum über adäquate sprachliche Ausdrucksmöglichkeiten verfügen, erleben körperliche Übergriffe und die Verletzung ihrer Intimsphäre als verstörend und komplett überfordernd. Sie protestieren nicht lautstark, so als würde ihnen im Sandkasten die Schaufel geklaut, sondern meist bleiben sie, trotz der eingeübten „Spielregeln“, still.Klar ist: Kinder sind nicht dazu in der Lage, selbst für ihre körperliche Integrität zu sorgen. Das heißt, die Aufforderung der Erzieher an das Kind, in den Rückzugsräumen während unangenehmer Situationen ein „Nein“ zu äußern, entspricht einer Aufkündigung der Aufsichtspflicht und einer gefährlichen Verantwortungsübertragung. Wie ein Fall in der Schweiz kürzlich zeigte, führt selbst schwerer sexueller Missbrauch unter Kindern nicht zwangsläufig zu lautstarkem Protest des betroffenen Kindes. Sondern die Verarbeitung des Traumas äußert sich unter Umständen erst im Nachhinein.Das Kita-Personal macht sich strafbarDie sexualpädagogischen Kita-Konzepte forcieren das, was sie zu verhindern vorgeben: Um sexuelle Übergriffe von Erwachsenen auf Kinder zu verhindern, werden Kinder mit der Sexualität der Erwachsenen konfrontiert und dazu ermuntert, vorbeugend ihre eigene „Sexualität“ auszuleben. Die fatale Folge: Es gibt nun vermehrt auch sexuelle Übergriffe unter Kindern.Die Sexualisierung der Kinder ist die pädagogische Absicht solcher Konzepte. Das Besprechen der Regeln und das Bereitstellen von „abgeschirmten Orten“ soll zu sexuellen Handlungen ermuntern. Noch größer wird der Skandal, da die auf den Missbrauchstäter Helmut Kentler zurückgehende These von der kindlichen Sexualität in den Kita-Schutzkonzepten als pädagogischer Standard dargestellt wird. Diese Praxis bedeutet nicht nur einen Angriff auf die Würde der Kinder, sondern setzt sie vor allem der Gefahr einer Verletzung ihrer seelischen und körperlichen Unversehrtheit aus. Mindestens der zuletzt genannte Punkt dürfte auch strafrechtlich relevant sein. Je nachdem, wie der Fall gelagert ist, kann sich das Kita-Personal durch eine Verletzung seiner Aufsichtspflicht strafbar machen.Die einzig vernünftige Konsequenz: Sexualpädagogische Konzepte haben in Kindertageseinrichtungen nichts verloren. Schon gar nicht solche, die den Blicken entzogene Kuschelecken oder Rückzugsräume und frühkindliche Körpererkundungen vorsehen. Die Prävention von sexuellem Missbrauch muss sich an Erwachsene richten, nicht an Kinder. Sexualaufklärung im Kindergartenalter gehört nicht in die Hände von Erziehern, sondern ist ausschließlich Aufgabe der Eltern, die selbst entscheiden, ob und wie sie ihrem Kind das Thema bereits zumuten können oder wollen.