Vitamin D ist nicht gleich Vitamin D. Neue Studiendaten weisen darauf hin, dass die Supplementierung mit Vitamin D2 negative Auswirkungen auf das für die Immunabwehr wichtige Vitamin D3 hat. Tierisches Vitamin D3 ist dem pflanzlichen Vitamin D2 überlegen.Vitamin D gilt seit Jahren als zentrale Säule der Gesundheitsvorsorge. Es reguliert den Kalziumstoffwechsel, stärkt die Knochenstruktur und spielt eine bedeutende Rolle für das Immunsystem. Doch aktuelle Forschungsergebnisse britischer Wissenschaftseinrichtungen zeigen, dass nicht jede Form von Vitamin D dieselbe Wirkung entfaltet. Die weit verbreitete Variante Vitamin D2 kann nachweislich die Konzentration des körpereigenen Vitamin D3 senken – jener Form, die für eine stabile Immunabwehr entscheidend ist.Die in Nutrition Reviews veröffentlichte Studie mit dem Titel “Effect of Vitamin D2 Supplementation on 25-Hydroxyvitamin D3 Status: A Systematic Review and Meta-Analysis of Randomized Controlled Trials“, durchgeführt von der University of Surrey in Zusammenarbeit mit dem John Innes Centre und dem Quadram Institute Bioscience, untersuchte Daten aus zahlreichen randomisierten, kontrollierten Studien. Das Ergebnis ist eindeutig: Personen, die Vitamin D2 einnahmen, verzeichneten einen Rückgang des Vitamin-D3-Spiegels im Blut. In mehreren Fällen war der Spiegel sogar niedriger als bei Probanden, die überhaupt keine Supplemente erhielten. Diese Beobachtung widerspricht der bisherigen Annahme, beide Formen seien funktional austauschbar.Vitamin D2 (Ergocalciferol) wird überwiegend aus pflanzlichen oder pilzbasierten Quellen gewonnen, während Vitamin D3 (Cholecalciferol) in der Haut durch Sonneneinstrahlung gebildet oder aus tierischen Rohstoffen extrahiert wird. Beide Substanzen ähneln sich strukturell, unterscheiden sich aber in ihrer biologischen Aktivität. Vitamin D3 wird im menschlichen Organismus effizienter umgewandelt und besitzt eine längere Halbwertszeit im Blutkreislauf. Der Abbau von D2 kann dagegen die D3-Konzentration beeinträchtigen und somit die gewünschte Immunstimulation abschwächen.Laut Studienleiterin Emily Brown von der University of Surrey ist dieser Effekt bislang unterschätzt worden. Sie betont, dass Vitamin-D-Präparate insbesondere in den sonnenarmen Monaten notwendig bleiben, der Unterschied zwischen D2 und D3 aber entscheidend sei. Die Daten legen nahe, dass Vitamin D3 für die meisten Menschen die überlegene und verlässlichere Variante darstellt. Eine eigentlich logische Feststellung, zumal wir Menschen eigentlich auch “nur” Säugetiere sind und sich das tierische und das menschliche Vitamin D3 nicht voneinander unterscheiden.Bereits frühere Untersuchungen desselben Forschungsteams stützten diese Einschätzung. Eine im Fachjournal Frontiers in Immunology veröffentlichte Studie unter Leitung von Professor Colin Smith mit dem Titel “Vitamins D2 and D3 Have Overlapping But Different Effects on the Human Immune System Revealed Through Analysis of the Blood Transcriptome” zeigte, dass nur Vitamin D3 die Aktivierung des Typ-I-Interferon-Signalsystems fördert – eines zentralen Mechanismus der angeborenen Immunabwehr, der verhindert, dass Viren und Bakterien im Körper Fuß fassen. D2 hingegen blieb in diesem Zusammenhang weitgehend wirkungslos.Diese Ergebnisse verdeutlichen, dass Vitamin D3 nicht nur stärker im Stoffwechsel verankert ist, sondern auch eine immunologische Funktion besitzt, die D2 nicht erfüllt. Der Befund ist auch in Bezug auf öffentliche Gesundheitsempfehlungen wichtig. Wenn offizielle Stellen weiterhin pauschal zur Einnahme von “Vitamin D” raten, ohne zwischen D2 und D3 zu unterscheiden, besteht das Risiko, dass die Menschen ein weniger wirksames oder sogar kontraproduktives Präparat wählen.Professor Martin Warren vom Quadram Institute weist darauf hin, dass Vitamin-D-Mangel in Großbritannien ein erhebliches Problem darstellt, insbesondere in den Wintermonaten. Der Versuch, dieses Defizit durch Supplementierung oder Lebensmittelanreicherung zu beheben, müsse jedoch auf der richtigen Wirkform basieren. Andernfalls werde der beabsichtigte gesundheitliche Nutzen verfehlt.Ideologie gegen GesundheitInteressant ist auch, dass sich die Diskussion über Vitamin D längst nicht mehr auf biochemische Fakten beschränkt, sondern zunehmend ideologisch aufgeladen ist. Vitamin D2 gilt als “pflanzenbasiert” und damit als moralisch vorzugswürdig, während D3 – meist tierischen Ursprungs – in bestimmten Kreisen (vor allem bei Veganern und Vegetariern) abgelehnt wird. Diese moralische Einordnung ignoriert jedoch die physiologische Realität: Für den menschlichen Organismus zählt nicht die Herkunft, sondern die biologische Wirksamkeit.Die neuen Daten machen deutlich, dass die Gleichsetzung von D2 und D3 in bisherigen Ernährungsrichtlinien nicht haltbar ist. Vitamin D2 kann zwar kurzfristig den Gesamtspiegel anheben, führt aber gleichzeitig zu einer Absenkung der biologisch aktiven D3-Fraktion. Damit entsteht ein paradoxes Bild: Ein scheinbar korrigierter Mangelwert, der funktional jedoch einer Schwächung des Immunsystems gleichkommt.Vitamin D3 bleibt damit der entscheidende Faktor für eine stabile Immunfunktion. Auch wenn das bestimmte Gruppen nicht gerne hören. Doch Fakten sind wichtiger als irgendwelche Ideologien.